Super Idee, im Winter (Ende Februar) auf die Lofoten zu fahren. Und: es ist gar nicht arktisch kalt, sondern durch das Meeresklima (mit Golfstrom vor der Tür) so um 0° C. Und: es gibt „es“ wirklich, das Nordlicht. Aber nicht immer, sondern nur, wenn man Glück hat, klaren Himmel und Sonnenwind.
Mit unserem geliehenen Golf (nicht Strom, sondern Diesel) fuhren wir vier vom Flugplatz Harstad/Narvik etwa 250 km südwestwärts nach Hamnøy. Die Landung bei „nice weather, but a little bit windy“ (also Sturm) ging gerade noch mal gut und die Fahrt durch die Nacht mit Sturm und Regen zog sich knapp 5 Stunden bis Mitternacht: jeder Laster (davon gibts Nachts viele) war eine Wasserwand, jede Brücke eine Nervenprobe, jeder Tunnel eine Erholung. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten (Stromausfall, Hütte verschlossen) haben wir mit nächtlicher Hilfe der wirklich sehr netten und hilfsbereiten Gastgeber doch noch unsere Torbjørnbua der Eliassen-Rorbuer beziehen können (1964 bot die Familie Eliassen erstmals auf den Lofoten Fischerhütten zur Touristenübernachtung an, seit 2006 betreiben die Polen Agata Gasior und Erwin Cwiek die Hütten).
Hamnøy
Am nächsten Morgen sahen wir erst mal bei einem Wetterwunder-strahlendem-Sonnenschein-Wolkenloch, wo wir eigentlich waren und wie schön die kleine Insel mit dem idyllischem Fischerhafen im Reinefjord liegt, umgeben von den „Matterhörnern des Nordens“ Ols- (674 m) und Festhæltinden (389 m). Mit unserer Torbjørnbua auf der kleinen Insel Hamnøy bei Reine hatten wir eine hervorragende Unterkunft: modern, gemütlich, komfortabel, das äußerste Eckhaus auf einer kleinen Landspitze im Reinefjord mit Sicht auf Fjord, Berge und Hafenbucht. Gleich neben den Rorbuern (die ursprünglich einfache Unterkunftshütten für die Fischer zur Dorschfangsaison waren) wurde der Dorschfang am Kai der kleinen Fischfabrik angelandet und zu Stock- und Salzfisch verarbeitet (neben dem Tourismus der Hauptwirtschaftszweig der Lofoten).
Reine i Lofoten – Å
Unsere erste Tour führte uns in die nähere Umgebung Richtung Süden nach Reine i Lofoten: Verwaltungsort von Moskenes Kommune, einer der schönsten Orte der Lofoten (vor allem der Lage wegen), schöner Aussichtspunkt bei der Zufahrt zur Halbinsel. Kleiner verschlafener Ort (300 Einwohner), kleine weiße Holzkirche, kleine rote Rorbuer, kleine Fischfabrik, kleine Polizeistation, kleines Café, aber ziemlich große Schule und ausgedehnte Trockenfischgestelle. Und weiter zum südlichsten Lofotenort Å: kleine rote Rorbuer, kleiner Hafen, kleines Stockfischmuseum, Trockenfischgestelle und eine schöne Aussicht auf den zugefrorenen Ågvatnet und die umgebenden bis 800 m hohen Berge der südlichen Lofotenspitze. 23 originale 150 Jahre alte Holzhäuser bilden ein Fischerdorfmuseum.
Fredvang – Justnesvika – Flakstad
Am zweiten Tag erkundeten wir in Richtung Norden erst mal die 5 km lange Tunnelbaustellen-Mondlandschaft mit architektonisch wertvollem Klohäuschen, sind in Fredvang in die Dorschleberfabrik geraten, haben einen Steinturm als Landskapskunst („Epitaph“ von Toshikatsu Endu, Japan, 1998) bei Skjelfjord gefunden, waren am Strand der Justnesvika bei Ramberg nicht baden und haben Nachtfotos der roten Flakstad-Kirche gemacht.
Sund – Nusfjord – Sandness – Vikten
Der nächste Tag fing wieder schauerlich-stürmisch an. In Sund haben wir statt der schmiedeeisernen Kormorane des örtlichen Kunstschmieds lieber einen echten Dorsch fürs Abendessen gekauft. Über Flakstad (tosender Wellengang am Skagsanden) sind wir nach Nusfjord gefahren. Unterwegs zeigte eine heraufziehende Schneefront am Storvatnet, was uns erwartete. In dem ansonsten touristentauglich in den kleinen Fjord gebauten Hafenort konnte man prima verschwommene Winschutzscheiben-Wasserbilder bei verschiedenen Regenstärken mit Tendenz zum Zuschneien machen. 1/4 unserer Reisegruppe hat nur widerwillig das schützende Autogehäuse verlassen, 1/2 gar nicht. Bei Sandnes und Myrland wurde einem bei Wind und Wogen klar, warum die Nordwestküste der Lofoten so gering besiedelt ist. Dagegen war der Sonnenuntergang mit Pferd im Vorgarten bei Vikten schon fast wieder zu idyllisch. Nachts haben dann alle anwesenden Stativumherträger ein paar blass helle Stellen über Hamnøy zu fotografieren versucht, die wir dann (weil sie auf dem Monitor grünlich erschienen) Nordlicht getauft haben.
Sörvågen – Tour: Stuvdalsvatn – Moskenes
Bei strahlendem Sonnenschein haben wir am nächsten Tag eine Tour bei Sörvågen zur Munkebu geplant. Entlang des Sörvåg- und Stuvdalsvatn konnte man die Schneewege im Geröll noch begehen, spätestens am Kettenaufstieg zum Kjölen mussten wir aber wegen vereistem Fels umkehren. So blieb nur, noch ein wenig an den Bergseen umherzuwandern und das Cafe in Moskenes zu testen.
Flakstad – Henningsvær – Gimsøy – Ytre Borgfjord
Ein neuer Tag mit neuem Wetter: über Nacht hatte es geschneit, so dass wir alle Fotomotive zwischen Hamnøy und Flakstad noch einmal im Neuschneerausch besichtigen mussten (einschließlich Steinadler). Aber eigentlich wollten wir nach Henningsvær, einem früher wichtigen Dorschfanghafen. Über die schönere Küstenstraße 815 hat das wegen einiger unvermeidlicher Fotostops aber etwas länger gedauert. Henningsvær war ziemlich ausgestorben, ein paar Fischkutter lungerten im Hafen, am interessantesten war die Einkehr in „Norges Fiskarlag Velferdstasjon“ (Wohlfahrtskantine für Fischer), wo es Kaffee, Kuchen und Reis mit Sahne und Sirup („…das essen alle Fischer gern“) im Fernsehraum gab. Die Nordlichtbilder hätten wir gar nicht abfotografieren müssen, denn auf der Rückfahrt von der Gimsøy-Kirche (mit armdicken Stahlseilen gegen den Nordwestwind gesichert) flackerten uns bei Ytre Borgfjord die schönsten Bänder, Bögen und Vorhänge entgegen.
Marka – Tour: Kvalvika
Eine weitere „einfache“ Schneetour wollten wir bei uns um die Ecke von Marka um den Måltinden zur Kvalvika machen. Wenigstens hatten wir schon einen Vorgänger, der uns die Spur durch erst mal unübersichtliches Sumpfgebiet getreten hat. Dabei haben wir nicht immer gleich im ersten Anlauf die schmalen Bretter über die verschneiten Bachläufe und Wasserlöcher getroffen. Weiter um den See Markvatnet herum glich der Weg meist einem mühsam unter Schnee getarntem Eiskanal, der schnellstmöglich zum See runter führen wollte. Aber das haben wir meist ausgesessen. Am Ziel war klar, Kvalvika heist nicht etwa Wal-, sondern Qualbucht (das hätten wir Heike aber niemals vorher sagen dürfen). Zur Abrundung der leichten Wanderung kam uns über die Kvalvika eine fotografisch interessante blaugraue Wolkenwand aus Richtung Nordwest entgegen, so dass wir Strandspaziergang und Sonnenbad ausfallen lassen mussten. Bei schönstem Schneefall haben wir uns dann wieder zurück getastet.
Oslo
Die Rückfahrt zum Flugplatz Harstad/Narvik ab halb 5 früh hat sich auch wieder etwas hingezogen, weil sich spätestens nach dem Sonnenaufgang um halb 8 dauernd Fotomotive in den Weg stellten. In Oslo haben wir uns noch einen Kurzbesuch zur Besichtigung der neuen Opern gegönnt, die etwas kühl und schräg im Oslofjord liegt. Rings um den Hauptbahnhof herrschte noch Goldgräberstimmung der norwegischen Bauindustrie.