Tour Friaul 2023: Muggia: Stadthafen (Foto: Manuela Hahnebach)

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Von Muggia ins Triester Karst und noch kurz ins Soča-Tal

Muggia

(furlanisch: Mugle, deutsch: Mulgs, slowenisch: Milje) ist der letzte verbliebene italienische Ort auf der Halbinsel Istrien und der südlichste von Friaul/Julisch Venetien (1954 wurde das Freie Territorium Triest einschließlich des nordwestlichen Teils Istriens zwischen Italien und Jugoslawien aufgeteilt). Muggia hat mit 19 zugehörigen Dörfern etwa 13000 Einwohner und nimmt einen etwa 6 km breiten Zipfel im Norden der istrischen Halbinsel ein, nördlich liegt die Hafenstadt Triest, südlich reicht es bis zur Grenze nach Slowenien. Der Kernort Muggia ist ein kleiner mittelalterlicher Fischerort am Adria-Golf von Triest. Er hat eigentlich zwei historische Enstehungslinien: Mit der Gründung Aquileias 181 v.d.Z. zum Schutz ihrer nordöstlichen Eroberungen begannen die Römer auch, das südlich davon gelegene Istrien zu kontrollieren, um Angriffe der Histrier abzuwehren. Nach dem Sieg gegen die Histrier 178 v.d.Z. gründeten sie den Militärstützpunkt Castrum Muglae zum Schutz ihrer Handelstraßen etwa 1 km von der Küste landeinwärts auf einem etwa 170 m.ü.d.M. gelegenen Höhenzug (Monte San Michele): das sich bis ins frühe Mittelalter als das ursprüngliche Muggia entwickelte, das heutige Muggia Vecchia (Alt-Muggia). Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches, der wechselnden Herrschaft über Friaul und Istrien der Völkerwanderung und des Karolingischen Frankenreichs wurde Muggia 971 dem Patriarchat von Aquileia zugesprochen und damit Teil des Römisch-Deutschen Kaiserreiches. Die Küstengebiete Istriens blieben aber unter dem Einfluss Venedigs. Direkt an der Küste entstand im Mittelalter der venezianische Fischerort Borgolauro (Lorbeer-Dorf?) an der Stelle des heutigen Muggia. Wegen der Überfälle und Plünderungen aus dem istrischen Hinterland siedelten die Bewohner von Muggia nach und nach ins nahe Borgo Lauro um. Dieser Ort wurde unter venezianischem Einfluss weiter ausgebaut, z.B. 1263 der Duomo Arcipretale dei Santi Giovanni e Paolo (Erzpriester-Kathedrale der Heiligen Johannes und Paul) eingeweiht. Im 13./14. Jh. geriet die Gegend ins Spannungsfeld der Machtinteressen zwischen Genua, Venedig und dem Patriarchat von Aquileia. 1353 wurde das alte Muggia von Genuesern zerstört, nur die Kirche Santa Maria Assunta blieb stehen. Die Einwohner siedelten endgültig an den Küstenort um, Borgo Lauro wurde das neue Muggia. Im Mittelalter waren Istrien und Muggia venezianisch dominiert, nach der Eroberung durch Napoleon wurden Friaul, Triest und Istrien Teil des Habsburger-Österreichischen Kaiserreichs bis es nach dem 1. Weltkrieg an Italien fiel. Mitte des 19. Jh. war in Muggia die größte Werft Österreich-Ungarns für Kriegs- und Handelsschiffe (das ist heute das größte europäische Schiffbauunternehmen Fincantieri für Kreuzfahrtschiffe mit Sitz in Triest, in Muggia gibts noch die Yacht-Reparatur-Werft Sanrocco). Muggia ist heute ein kleiner malerischer Küstenort mit einem venezianisch geprägten historischen Altstadtviertel. Es gibt noch einen der selten erhaltenen Stadthäfen Mandracchio (Begriff für Herde) für kleine (Fischer-)Boote, der bis in den Ort hineinragt. Daneben liegt als Stadtzentrum die Piazza Marconi mit dem venezianischen Rathaus (13. Jh., nach Brand 1930 restauriert und erweitert) und dem Duomo Arcipretale dei Santi Giovanni e Paolo (Erzpriester-Kathedrale der Heiligen Johannes und Paul) und ein paar Restaurants und Bars. Der Dom wurde auf einer kleinen Vorgängerkirche aus dem Jahr 1000 (als Borgolauro entstand) erbaut, 1263 geweiht und 1467 mit der charakteristischen venezianischen Kleeblattfassade aus weißem Aurisina-Kalkstein versehen. Die historische Altstadt umgibt die Piazza in einem Oval von etwa 300 x 200 m, die von engen verwinkelten Gassen durchzogen wird. Die Altstadt wirkte aber nicht zu sehr touristisch, sondern eher alltagslebendig mit Bäcker, Fleischer und anderen Läden. Ursprünglich wurde die Altstadt einschließlich des Hafens durch eine Stadtmauer geschützt, die von der mittelalterlichen Burg des Patriarchen von Aquileia Marquard von Randeck (erbaut 1375-99) in der Oberstadt dominiert wurde. Im 19. Jh. verfiel die ungenutzte Burg zunehmend, bis sie der italienische Bildhauer Villi Bossi 1991 kaufte und als Wohnhaus und Atelier renovieren ließ (gelegentlich wird sie für Kulturveranstaltungen genutzt und kann zu Denkmalstagen oder auf Anmeldung besichtigt werden). Der Torre Loredan ist der letzte erhaltene Turm der weitgehend abgetragenen Stadtmauer. Er quetscht sich mit der Chiesa di San Francesco in die Gassen der Oberstadt. Die Franziskus-Kirche war ursprünglich Teil eines Franziskaner-Klosters (Anfang 15. Jh.), das unter napoleonischer Herrschaft aufgehoben wurde. Der schlichte Bau der Franziskaner-Gotik beherbergt noch drei wertvolle historische Altäre. Etwa 1,5 km landeinwärts auf dem Monte San Michele (170 m.ü.d.M.) befindet sich der Archäologische Park Muggia Vecchia (Alt-Muggia), die Überreste des ursprünglichen Muggia an der Stelle des römischen Castrum Muglae (etwa 1. Jh. v.d.Z.) Neben einigen Tor-Mauerresten und Fundamentausgrabungen ist nur die Basilica Santa Maria Assunta (Heilige Maria Himmelfahrt) erhalten geblieben. Die kleine romanische Basilika aus dem 10. Jh. (gestiftet 931, auf einem älteren Vorgängerbau, der Turm wurde im 13. Jh. angebaut) ist sehr sehenswert. Sie diente auch nachdem die Einwohner im 13./14. Jh. in den Küstenort Borgolauro umgesiedelt sind als Pilgerkirche. Bemerkenswert sind die mittelalterlichen Wandmalerein mehrerer Künstler aus dem 13.-15. Jh. Sie illustrieren christliche Glaubensvorstellungen in naiven byzantinisch-ikonenhaften Bildergeschichten: die heilige Katharina von Alexandria, der Schutzheilige der Reisenden und Pilger Christopherus, Marias Tod und Himmelfahrt, die vier Evangelisten… (die Malereien wurden 2019 restauriert). Außerdem gibt es mit dem Ambo (Lesepult/Kanzel) und den Chorschranken Teile eine älteren Vorgängerkirche aus dem 8.-10. Jh., die ziemlich langobardisch oder karolingisch aussehen. Um die Kirche herum gibts es noch einen kleinen Park mit einem Archäologischen Museum und mit einer Aussichtsterrasse nach Norden auf den Golf von Triest, die Stadt und den Hafen und das Karstgebirge im Hinterland.

Mehr Informationen: muggiacultura.eu | www.comune.muggia.ts.it/…

In der wirklich letzten italienischen Istrien-Ecke 250 m vor der slowenischen Grenze, hatten wir auf dem Campingplatz San Bartolomeo noch eine Bleibe für 2 Nächte gefunden (dann wurde er in den Winterschlaf versetzt).

Val Rosandra

Den Tipp zu einer Wanderung im Naturpark Val Rosandra (slowenisch: Dolina Glinščice) bekamen wir in der Touristinfo von Muggia. Das Val Rosandra ist das einzige Flusstal im Triester Karst, ein Kalkstein-Hochplateau östlich von Triest an der Grenze zu Slowenien (wo der größte Teil des Karstgebirges liegt, insgesamt ein Gebiet von etwa 40 km Länge und 13 km Breite parallel zur Adriaküste). Karst besteht aus porösem, wasserdurchlässigen und -löslichen Gestein, es kann sich kaum Oberflächenwasser sammeln, sondern es sickert in das Gestein und fließt unterirdisch. Im wasserlöslichen Kalkgestein bildeten sich über Millionen Jahre unterirdische Flüsse, Höhlen, Dolinen und Schlundlöcher. Ausgangspunkt für Wanderungen im Triester Karst ist der kleine Ort Bagnoli della Rosandra (slowenisch: Boljunec). Auf dem Weg dorthin muss man aber erst mal die gar nicht idyllischen Industriegebiete und Tanklager südöstlich von Triest passieren, die direkt an die Karstorte Bagnoli della Rosandra, San Dorligo della Valle/Dolina angrenzen. Der Kontrast zu den kleinen beschaulichen Orten am Rande des Karsts (die nur etwa 8 km vom Stadtzentrum Triest entfernt sind) könnte nicht größer sein. In allen Dolina-Karstdörfern östlich von Triest zusammen leben etwa 5700 Leute, davon etwa 1300 in Bagnoli della Rosandra/Boljunec (etwa 70 % der Bewohner dieser Grenzgegend sind slowenischer Nationalität). An einem kleinen Parkplatz direkt am Flüsschen Rosandra findet man die Mühlsteine einer alten Wassermühle und erfährt auf einer Infotafel, dass ab dem Mittelalter am Rosandrabach Wassermühlen entstanden, im 18. Jh. waren es 16, im 19. Jh. 32, die letzte wurde bis Anfang der 1970er Jahre betrieben. Entlang der Viale Botazzo kommt man zum Ortsteil Bagnoli Superiore (Ober-Bagnoli)/Gornji Konec (Oberes Ende), wo es seit 1933 die tiefstgelegene Hütte des Julischen Alpenvereins gibt auf 82 m.ü.d.M.: Refugio Mario Premuda (Bergsteiger und Höhlenforscher aus Triest). Sie dient als Ausgangspunkt für Wanderungen, Mountainbike-, Kletter- und Höhlen-Touren im Rosandra-Gebiet. Heute ist das Naturschutzgebiet ein Naherholungsgebiet für Einheimische, Triester und wenige Touristen. Neben dem Wanderweg ins Val Rosandra liegt am Berghang ein ursprünglich 17 km langer römischer Wasserkanal/Aquädukt, der vom 1. bis zum 6. Jh. Tergeste/Triest mit Trinkwasser aus dem Rosandra-Tal versorgte. Der Wanderweg nach Botazzo/Botač an der slowenischen Grenze folgt dem Flusslauf der Rosandra und steigt dabei immer höher in die Karstberge. Der Weg ist Teil des Alpe-Adria-Trails (Etappe 36), war früher die Salzstraße von den Salinen bei Triest/Muggia ins Krain und wird als Sentiero dell’Amicizia (Freundschaftsweg) bezeichnet, eine Initiative grenzüberschreitender Begegnungen zwischen Italien und Slowenien. Die Karstlandschaft des Val Rosandra wird geprägt von Geröllhalden, horizontalen Felsbändern, steilen Felsabbrüchen, dem eingeschnittenen Flusslauf des Rosandrabaches, viele Höhlen und lichten Wald (Hopfen-Buche, Zerr-Eiche, Manna-Esche, Felsen-Faulbaum sagt Wiki P. Dia). Ein steiler Abstecher vom Hauptweg führt an der Comici-Rippe aufwärts zur Wallfahrtskirche Santa Maria in Siaris. Es ist eine kleine einfache mediterrane Hallenkirche mit Glockengiebel aus dem 13. Jh. (später öfter verfallen und wieder renoviert), sie ist nur zu bestimmten Bergmessen geöffnet. Ab 1367 sollen Geißler der Battuti-Bruderschaft beim Pilgern zur Kirche den Weg zur Buße barfuß gegangen sein. Zurück auf dem Hauptweg, sieht man den Rosandra-Wasserfall: der Bach fällt an einer etwa 30 m hohen Steilstufe des Karstgesteins in den Talgrund. Nach dem Wasserfall kommt man durch Wald zu dem echt kleinen abgelegenen Ort Bottazzo/Botač, der direkt an der slowenischen Grenze liegt. Der Ort wurde ursprünglich ab dem 16. Jh. mit einigen Getreidemühlen am Rosandra-Bach gegründet, von denen die letzte Anfang der 1930er Jahren geschlossen wurde (ein paar Mauerreste der vier Mühlen findet man noch im Wald beim Fluss). Bis zum Jahr 2000 war der Ort nur zu Fuß zu erreichen und es lebten nur noch 3 Einwohner dort. Inzwischen wurde ein Fahrweg von Sant’Antonio in Bosco ausgebaut und es leben etwa 20 Leute in den 8 Häusern. Von Bottazzo führt ein schmaler aussichtsreicher Steig am Hang des Monte Stena bergauf bis man auf einem Geländeabsatz auf den Radweg Giordano Cottur (ein Radrennfahrer aus Triest, 1914-2006) trifft. Der Rad- und Wanderweg verläuft über 16 km von Triest nach Draga Sant’Elia und weiter zum slowenischen Ort Hreplje/Erpelle auf einem ehemaligen Bahndamm. Die Bergbahn (etwa 500 hm Steigung auf 27 km) verband Triest über Sant’Anna, die Karst-Dörfer Sant’Antonio in Bosco und Draga Sant’Elia mit Hrpelje, um eine Anbindung an die Transalpina-Strecke zwischen Pula (Istrien), Divača und weiter nach Görz, Laibach, Villach oder Wien zu erhalten. Sie wurde 1885/86 im Auftrag des österreichisch-ungarischen Reiches gebaut. Die Bahn war bis 1959 in Betrieb und wurde 1966 zurückgebaut. Heute dient die etwa 5 m breite Piste mit Brücken und Tunneln als beliebter Radweg aus dem Stadtzentrum von Triest zum Rosandra-Tal. Die einzige Höhle, die wir hier gefunden haben, war die Vinska Jama: eine willkommene Selbstbedienungs-Weinhöhle mit Kasse der Vertrauens. Auch im nächsten Ort Draga gibts Selbstbedienung: Bier, Saft, Kartoffeln, Ziegenkäse, Eier, Luftpumpe – alles, was man so braucht, gibts in einer öffentlich zugänglichen Schrankwand. Aber es geht auch anders: in der Locanda Mario gibts Gastlichkeit der Familie Lupidi seit 1947. Statt der Spezialitäten Frösche und Schnecken haben wir uns aber für die Crème Carsolina entschieden: eine lokale Spezialität aus knusprigem Blätterteig und schmelzender Sahne-Vanillecreme. Unsere Rücktour ging über den Monte Stena (442 m): am Rand des Karstplateaus hat man reichlich Ausblick ins Rosandratal und die Karst-Dörfer bis nach Triest und die Adria-Küste. Über San Lorenzo (schöner Aussichtspunkt, gute Trattoria Al Pozzo) und Sant’Antonio in Bosco sind wir wieder zurück nach Bagnoli gewandert. Unterhalb des Dorfes Sant’Antonio in Bosco kommt man durch Olivenhaine und Weinanbau, die zu den hervorragenden Spezialitäten dieser Gegend gehören.

Mehr Informationen: www.riservavalrosandra-glinscica.it | explorerfvg.com/…

Monte Grisa

In der Stadt Triest waren wir nicht – zu groß, zu viel, zu laut. Aber auf der Durchfahrt nach Opicina über die Via Commerciale ist uns an der Ecke Via Aleardi Aleardo (Piazza Scorcola) die Schmalspurbahn von Triest (Piazza Oberdan) nach Opicina (deutsch: Optschina) aufgefallen: dort steht noch ein Straßenbahnwagen mit einem Standseilbahn-Schubwagen. Die Kleinbahn wurde unter österreichischer Herrschaft gebaut und 1902 in Betrieb genommen (Triest gehörte von 1382 bis 1918 zum Gebiet der habsburgisch-österreichischen Monarchie und war deren wichtigster Mittelmeerhafen). Die Tram genannte elektrische Bahn erschloss das Triester Oberland im Karst und überwand auf etwa 5 km Strecke 340 m Höhenunterschied. Auf dem 870 m langen Steilstück zwischen Piazza Scorcola und Vetta Scorcola (160 m Höhenunterschied) wurden die Straßenbahnwagen (der Grazer Waggonfabrik) von Zahnrad-Schubwagen (Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur) unterstützt wurden. 1928 wurde die Zahnradbahn für mehr Beförderungskapazität durch Standseil-Antriebswagen ersetzt. Die heutige 6 Personenwagen sind von 1935 und 1942 (Officina Meccanica della Stanga Padua), die neuesten flachen, führerlosen Schweizer Standseilbahn-Schubwagen waren seit 2005 im Einsatz. Nach einem Wagen-Zusammenstoß am 16.08.2016 mit einigen Verletzten wurde die Bahn zwar wieder Instand gesetzt und sollte 2020 wieder in Betrieb gehen, was aber bisher nicht geschehen ist. Der „aktuellste“ Beitrag von 2019 auf der Website triestetransporti.it zur Opicina-Bahn „Nuovo progetto per il tram di Opicina“ (Neues Projekt für die Opicina-Straßenbahn) informiert sehr lyrisch: „Mitten auf unserer Lebensreise befand ich mich in einem dunklen Wald, weil der gerade Weg verloren ging.“ (Einer der Trieste-Transporti-Angestellten ist offensichtlich ein Schöngeist)

Mehr Informationen: de.wikipedia.org/…

Eine aussichtsreiche und eindruckvolle Tour führt auf dem Karstplateau nördlich von Triest vom Obelisco bei Opicina zur Wallfahrtskirche Monte Grisa. Der Obelisk wurde zur Ehren Kaisers Franz I. von Österreich errichtet für den Bau der Verbindungsstraße von Triest nach Opicina (und weiter ins österreichische Hinterland), die 1830 fertiggestellt wurde. Durch Probleme beim Aufbau konnte der Obelisk erst 1839 aufgestellt werden. Er steht an einem Aussichtspunkt nach Triest, an dem die Straße die Höhe des Karstplateaus bei Opicinia (343 m) erreicht. Der Obelisk ist Ausgangspunkt für Wander- und Radtouren auf der Höhe nach Prosecco (der Heimat des Sprudelweins). Einer der Wege ist die Strada Napoleonica, ein Truppen-Transportweg von Venedig nach Triest, der 1797 für Napoleons Armee in den Karst gebaut wurde. Er wurde später als Straße ausgebaut, dann für den Autoverkehr gesperrt, ist heute eine beliebte, ziemlich ebene, aussichtsreiche Höhenpromenade und gilt als schönster Wander- und Radweg von Triest. Ein anderer Weg, der nicht so stark frequentiert ist, ist der Nicoló-Cobolli-Weg (1861-1931, Alpinist, Sportlehrer und Naturfreund aus Triest). Dieser Weg verläuft etwas oberhalb der Strada Napoleonica im Wald. In seiner Nähe liegen einige Karsthöhlen und der im 1. Weltkrieg ausgebaute Küstenschützengraben zur Verteidigung des bis dahin österreichischen Triest gegen einen möglichen italienischen Angriff (Teil des „Weg des Friedens“ entlang der österreichisch-italienischen Frontlinie im 1. Weltkriegs von den Julischen Alpen bis Triest).

Mehr Informationen: triest24.com/… | www.discover-trieste.it/…

Unser Ziel war das Santuario di Monte Grisa – Tempio Nazionale a Maria Madre e Regina (Wallfahrtskirche Monte Grisa – Nationaler Tempel der Mutter und Königin Maria): ein markanter Bau auf der Karsthöhe Monte Grisa (330 m) über der Adriaküste bei Triest. Neben der spektakulären Aussichtsterrasse zum Golf von Triest steht von Kiefernwald umgeben der monumentale, weithin sichtbare Kirchenbau. 1945 legte Antonio Santin, der Bischof von Triest und Koper, ein Gelübde vor der Madonna ab, ihr eine Kirche bauen zu lassen, wenn Triest im Krieg vor der Zerstörung bewahrt werde: „Wenn mit dem Schutz Unserer Lieben Frau Triest gerettet wird, werde ich alle Anstrengungen unternehmen, um eine Kirche zu ihren Ehren errichten zu lassen.“ Triest blieb von Zerstörungen weitgehend verschont. 1948 schlug Monsignore Giovanni Strazzacappa (1907-63) vor, in Triest mit Hilfe aller Diözesen Italiens ein nationales Heiligtum der Madonna zu errichten (es sollte die katholische Marienverehrung in Italien neu beleben und gleichzeitig ein Zeichen gegen die „Ungläubigen“ im benachbarten Jugoslawien sein). Nach der „Pilgerfahrt der Wunder“, einer Wallfahrt der Statue der Muttergottes von Fátima“ im Jahr 1959 durch 92 italienischen Städte mit dem Ziel in Triest, wurde der Grundstein zum Kirchenbau gelegt und Papst Johannes XXIII. verkündete, dass das Heiligtum der Mutter und Königin Maria als Symbol des Friedens und der Einheit aller Völker geweiht werden soll. Die Kirche wurde 1963-66 im Stil des Brutalismus erbaut: Architekt war der Bauingenieur und Architekturprofessor Antonio Guacci (1912-95) aus Triest, der die Kirche nach Skizzen von Antonio Santin entwarf. Der Sichtbeton-Bau war eines der ersten Gebäude in modularer selbsttragender Stahlbetonbauweise: der gesamte Bau beruht auf der Grundform eines gleichschenkligen Dreiecks mit Basis = Höhe (symbolisiert die Dreifaltigkeit), aus denen die Wandelemente zusammengesetzt sind. Der Baukörper besteht aus einer unteren Etage mit Unterkirche, Souvenirshop und Gaststätte als Basis und einer darauf aufgesetzten Oberkirche aus einer 40 m hohen, oben abgeschnittenen Hauptpyramide (Spitzname: Formaggino/Käseecke) als Hauptschiff und versetzt angeordneten ca. 15 m hohen Seitenschiffen in Trapezform. Beide Kirchenbereiche haben ca. 1500-1600 m² Grundfläche. Während die Unterkirche durch die relativ geringe Höhe von vielleicht 6 m einen unterirdischen U-Bahn-Eindruck macht (obwohl es jede Menge Oberlicht-Fensterreihen gibt), ist die lichtdurchflutete Oberkirche mit einem Hauptraumvolumen von rund 40.000 m³ beeindruckend großartig. Die Strukturen der aneinandergereihten Dreiecke lenken den Blick in die Höhe und implizieren (bei gutem Willen) die Buchstaben AM: Ave Maria (Gegrüßt seist du, Maria): ein Grundgebetes der römisch-katholischen Kirche zur Anrufung Marias. Das Beton-Dreiecksraster mit ca. 3,3 m Kantenlänge ist schon ganz schön „brutal“ dominant, aber andererseits läßt es den den ganzen Bau wie aus einem Guss erscheinen. Das gleichseitige Dreieck als Grundform wurde auch beim Kreuz des Abendmahl-Altars aufgegriffen: In einem Raster aus Stahlblech sind farbige Muranoglas-Objekte eingelassen, was einerseits als Farbspiel interessant aussieht und andererseits mit der Dominanz von blutroten Gläsern sicher eine symbolische Bedeutung hat. Der Marien-Pilgeraltar in einem der Seitenschiffe beherbergt eine offizielle Kopie der Madonna von Fátima (des Bildhauers Alberto Barlusa aus Braga) (Fátima: Wallfahrtsort einer Marienerscheinung 1917 in Portugal), die der Bischof Joao Pereira Venancio von Fátima selbst überbrachte. Der Hauptaltar ist mit einem etwa 4 m hohen Kruzifix einer Bronzefigur auf Holzbrettern von Marcello Mascherini (ca. 1966) den unbekannten Soldaten gewidmet. Vor der übermächtigen Wandstruktur des Betonrasters wirkt selbst diese große Skulptur ziemlich klein. In der Unterkirche gibt es noch ein Sammelsurium von Altarnischen z.B. für Method und Kyrill, Piran, für die Schutzpatrone von Istrien, Franziskus von Assisi, Katharina von Siena und noch ein paar mehr (meist an die Heimat der Vertriebenen/Geflüchteten aus Istrien und Dalmatien erinnernd), eine Kopie des Grabtuches von Turin und merkwürdige Kunstharz-Figuren der Maria und von Papst Johannes Paul II. (Pilgerbesuch am 1. Mai 1992). Unten in der Kirche Monte Grisa gibts das Restaurant Casa del Pellegrino (Pilgerhaus), das ein ganz gutes Angebot und sehr freundlichen Service hat.

Mehr Informationen: www.montegrisa.org

Vom Monte Grisa kann man auf dem Wanderweg entlang des Karstplateau-Randes weiter in Richtung Prosecco gehen: Aussicht auf die Adria-Küste gibts gratis. Am Aussichtspunkt Vedetta Italia wurde eine kleine Aussichtsplattform mit grandiosem Ausblick von Istrien im Süden über Triest bis nach Monfalcone und die Küste bei Grado im Norden. Zurück zum Obelisco ging es auf der gern genutzten Aussichtspromenade Strada Napoleonica. Ein ehemaliger Transportweg der Napoleonischen Truppen und später ausgebaute Straße zwischen Opicina und Prosecco wurde inzwischen für Kraftfahrzeuge gesperrt und mittlerweile zum beliebtesten Wander- und Radweg bei Triest. Die teilweise senkrechten, bis etwa 15 m hohen Seitenwände der in das Karstgestein gebauten Straße werden gern zum Klettern benutzt. Von vielen Punkten hat man schöne Aussichten auf die Adriaküste.

Ein großes Schiff etwas außerhalb der Hafenbucht von Triest fällt besonders auf: die mit 143 m Länge größte Segelyacht der Welt SY A des russischen Großunternehmers, Oligarchen und Milliardärs Andrei Melnitschenko (lebte in der Schweiz, seit 2022 in Dubai) wurde im Rahmen der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges im März 2022 im Hafen von Triest beschlagnahmt und festgesetzt (persönlich verurteilte Melnitschenko den Angriff auf die Urkraine). Das Schiff wurde seit 2012 in der deutschen Werft Nobiskrug/Rendsburg nach einem Entwurf des französischen Designers Philippe Starck für geschätzt 400 Mio. Euro gebaut, 2017 in Betrieb genommen.

Mehr Informationen: de.wikipedia.org/… | www.nobiskrug.com/…

Auf der anderen Seite der Straße am Obelisco führt ein Waldweg in etwa 200 m zum Campeggio Obelisco, unserer letzten Übernachtung in Italien bei unserer Friaul-Julische-Alpen-Reise. Den Campingplatz des Camping-Clubs Triest gibts seit 1953 und er ist ganzjährig geöffnet und hauptsächlich mit Dauercampern belegt. Reservierung wäre erforderlich gewesen, aber der freundliche Rezeptionsmann hatte noch einen Stellplatz für uns aufgetrieben. Den fanden wir auf einer Terrasse unter Bäumen etwas bergaufwärts mit abenteuerlich steiler und enger Zufahrt. Der Campingplatz ist einfach, kein Schicki-Micki und relativ preiswert, die Anlagen sind etwas in die Jahre gekommen, aber gut brauchbar. Die Ristobar Campeggio Obelisco bietet „Erlebnisgastronomie“: der erste Eindruck ist rustikal, mit Deko überladen und leicht chaotisch. Der Chef preist unbescheiden „den besten Fisch der Welt“ an, den Mama Cinzia in der Küche zubereitet. Eine Karte gibt es nicht, der Chef wusste auch so, was wir wollten: erst mal Prosecco (war sehr lecker, es blieb nicht bei einen), dann Fisch-Meeresfrüchte-Vorspeisenteller (war auch lecker), dann Pasta mit Muscheln und Riesengarnele, für den 2. Gang hatte er entschieden, dass wir bestimmt keinen Hunger mehr haben. Dafür gabs noch Schokokuchen mit Café und eine 1,5-l-Flasche Grappa für die noch anwesenden Gäste (die haben wir aber nicht ganz geschafft). Die Rechnung wurde π x Daumen gemacht und wir kamen glimpflich davon, also unbedingt empfehlenswert, wenns gut geht (aber es gibt auch weniger gute Erfahrungen). Beim Campingplatz Obelisco geht auch die Verlängerung der Strada Napoleonica vorbei, also der Weg auf der Karsthöhe, von dem man die Küste bei Triest sehr gut sehen und (bei militärstrategischem Interesse) kontrollieren kann. Jetzt ist es ein Wander-Aussichtsweg über Triest: Sentiero da Conconello al campeggio Obelisco (Weg von Conconello zum Campingplatz Obelisco). Direkt vor dem Campingplatz am kleinen Parkplatz und etwa 300 m gibt es schöne Aussichtspunkte nach Triest.

Mehr Informationen: www.campeggiobelisco.it

Grotta Gigante

Im Karstplateau nordöstlich von Triest gibt es jede Menge Höhlen, in Julisch Venetien mehr als 6000, in ganz Italien über 35000, eines der Länder mit den weltweit meisten Höhlen. Diese entstehen im Kalkgestein (Kalziumkarbonat) durch Lösungs- und Kohlensäureverwitterung, d.h. Regen-/Oberflächenwasser dringt in das Gestein ein und löst es (als Kohlensäure) zu einer Kalzium+Kalziumhydrogenkarbonat-Lösung auf. Diese fließt in unterirdischen Spalten, Gängen und Flüssen ab: der ausgewaschene Hohlraum bleibt als Höhle zurück. Dieser Lösungsprozess ist auch umkehrbar, so dass sich aus einer tropfenden gesättigten Lösung wieder Kalksteingebilde aufbauen können: die Tropfsteine: Stalagtiten (hängend), Stalagmiten (stehend), Säulen (zusammengewachsen) und noch paar andere extravagante. Das Triester Karstplateau entstand aus Kalkablagerungen am Rande des Tethysmeeres vor 120 bis 40 Millionen Jahren. Die Kalkschichten haben eine Mächtigkeit von bis zu 4 km! Der Triester Karst hat den weltweiten Karstlandschaften seinen Namen gegeben. Und im Triester Vorort Trebiciano wurde 1840 bei der Suche nach dem Timavo-Fluss (als Trinkwasserreservoir für Triest) die Höhlenforschung „erfunden“. In jenem Jahr entdeckte der Kontrolleur der k. k. Bergwerksgesellschaft Triest Anton Friedrich Lindner die Grotta Gigante beim Dorf Sgonico, ab 1908 wurden Besucher bei Kerzenbeleuchtung durch die Höhle geführt, 1957 wurde elektrische Beleuchtung installiert und die Höhle für touristische Besucher geöffnet. Bis 2010 stand die Grotta Gigante mit einem Saal von 98,50 m Höhe, 76,30 m Breite und 167,60 m Länge als größte Schauhöhle der Welt im Guiness-Buch der Rekorde. Wir hatten mit etwa 25 anderen Höhlenschaulustigen eine Führung in die Höhle mitgemacht (Anmeldung erforderlich). Im Vorraum gibts eine kleine interessante Ausstellung mit Infotafeln, Tropfsteinen und Fundstücken (z.B. Höhlenbärenknochen). Die Tour dauert etwa eine Stunde, es geht knapp 100 m auf 500 Treppenstufen abwärts und dann wieder hinauf. Die kompetente Höhlenführerin gab kurze Erklärungen an einigen Haltestationen, man konnte nachfragen und fotografieren (ohne Stativ und Blitz). Die Höhle soll vor ca. 10 Millionen Jahren entstanden sein, der größte Stalagmit Collonna Rugero ist etwa 12 m hoch. Es gab jede Menge interessante Tropfsteine und Wandbehänge zu bewundern. Die Stalagmiten in dieser Höhle sind besonders: durch die große Fallhöhe der Tropfen bis rund 100 m zerstäuben sie beim Aufprall am Höhlenboden. Dadurch bilden sich zapfenförmig ausladende Schichtformen (Palmstamm-Stalagmiten). In der größten lichten Höhe der Höhle wurden 1959 zwei geodätische Horizontalpendel an 94 m langen Drahtseilen durch den Geodäten und Mathematiker Antonio Marussi installiert zur Erforschung der Bewegung der Erdkruste (Höhlenneigung, Gezeiten, Plattentektonik, Erdbebenforschung…) durch das geophysikalische Institut der Universität Triest / Nationales Institut für Ozeanografie und experimenteller Geophysik. für den Besucher sind nur die durch Plastikschläuche geschützten Aufhängeseile zu sehen, die von der Höhlendecke zum Boden gespannt sind. Am Boden verschwinden sie in einer Einhausung, die die eigentlichen Pendelkörper (zwei 18-kg-Gewichte an jeweils einem 1,5 m langen Stahlstab, der auch unten mit einem Stahlseil am Boden fixiert ist) und Messinstrumente enthält.

Mehr Informationen: www.grottagigante.it/…

Soča-Tal bei Bovec

Die Rückreise führte uns über einen kleinen Abstecher ins Soča-Tal bei Bovec (Slowenien). Damit waren wir an den Ausgangspunkt unserer Tour – die Julischen Alpen, aber diesmal auf slowenischer Seite – zurückgekehrt. Soča ist der slowenische Name des italienisch Isonzo genannten Flusses (deutsch: Sontig). Das obere Soča-Tal in den slowenischen Julischen Alpen liegt im Triglav-Nationalpark (höchster Berg Sloweniens, 2864 m) und ist ein beliebtes Tourismus-Ziel in Slowenien (EU-zertifiziert für nachhaltigen Tourismus: Herausragendes europäisches Reiseziel: European Destinations of Excellence – EDEN) mit vielen Naturschönheiten aber auch Zeugnissen von prägenden grausamen Kriegsereignissen: Izonzo-Schlachten im 1. Weltkrieg zwischen der italienischen und österreichisch-ungarischen Armee mit etwa 500.000 Opfern. Das Soča-Tal gilt als schönstes Tal Europas und ist ein ideales Gebiet für Wildwasser-Kajaktouren, Rafting, Canyoning, Wandern und Klettern.

Mehr Informationen: www.soca-valley.com/… | www.slovenia.info/…

Wir hatten uns zu dem Abstecher nach Slowenien entschlossen, weil die Camping-Situation dort besser erschien als in Italien (wo Ende September der Camping-Winterschlaf beginnt). Im Kamp Liza bei Bovec fanden wir einen guten Ausgangspunkt für Touren im Soča-Tal. 5 km vor Bovec hat man an der Boka-Brücke über die Soča einen guten Ausblick auf den Fluss: unglaublich türkisgrünes Wasser, weiße Felsen, grüner Wald in steiler Gebirgslandschaft. Und auf dem Wasser viele Kajakfahrer in ihren bunten Booten, die hier anlegen oder durch die Stromschnellen weiterfahren. Direkt am Kamp Liza fließt der Soča-Nebenfluss Koritnica vorbei, an dem man auch hübsche Strömung beobachten kann. Im Herbst sah der Fluss harmlos aus, aber das Geröll und entwurzelte Bäume ließen die Macht der Hochwassers im Frühjahr erahnen.

Unser erstes Wanderziel war die Soča-Quelle (slowenisch: Izvir Soče) etwa 25 km von Bovec entfernt. An der Straße 206 entlang der Soča im Trenta-Tal gibt es viele schöne Ausblicke auf den Fluss, der in einem Kiesbett oder in engen Schluchten fließt. Auf der Trenta-Straße kann man bis zur Bushaltestelle Izvir Soče fahren, von dort 1,3 km auf der Straße oder auf einem Wanderweg am Fluss weiter bis zur Koča pri izviru Soče (Rasthütte an der Soča-Quelle) und dann noch etwa 500 m (knapp 100 Höhenmeter) Wanderung mit leichten gesicherten Felspassagen bis zur Soča-Quelle. Die Quelle liegt an der Südflanke des Berges Travnik (2370 m) auf etwa 1000 m Höhe in einer verstürzten Felsspalte mit Zugang über Felsblöcke. Die Karstquelle kommt als unglaublich klarer, blau schimmernder Quelltopf eines unterirdischen Flusslaufes an die Oberfläche. Zunächst verschwindet das Wasser wieder unter den Felsblöcken, um dann weiter unten als kleiner Bach über einen Wasserfall und viele Kaskaden in die Tiefe zu fließen. Der Rückweg ist wie der Hinweg, es gibt ein paar schöne Abwege zum Fluss. Wer Spaß an Straßen-Kurven hat, kann die Trenta-Straße 206 weiter aufwärts zum Vršič-Pass fahren, dem höchsten slowenischen Pass auf 1611 m (da gab es sogar Fahrradfahrer). Auf einer Länge (ab Trenta) von rund 13 km steigt die Straße in 27 Serpentinen um rund 900 Höhenmeter rauf, um auf der Nordseite in 24 Serpentinen über rund 10 km nach Kranjska Gora (auf rund 800 m.ü.d.M) abzusteigen. Die Vršič-Passstraße wurde in den Jahren 1915-16 als Militärstraße/Nachschubweg der österreich-ungarischen Armee ins Soča/Isonzo-Tal von über 10.000 meist russischen Kriegsgefangenen gebaut, deshalb auch Ruska Cesta: Russische Straße genannt (etwa 400 kamen allein bei einem Lawinenabgang im März 1916 um, auf der Nordseite erinnert die Russische Kapelle (Ruska kapelica) an die Opfer). Von der Passhöhe hat man einen grandiosen Ausblick nach Süden in die umgebenden Berge des Soča-Tals. Unterwegs zum Vršič-Pass kommt man am Aussichtspunkt Šupca (1381 m) vorbei, auch mit tollem Ausblick nach Süden ins Soča-Tal und zur Plešivec-Trentski-Pelc-Srebrnjak-Kette.

Mehr Informationen: www.soca-valley.com/…

Auf Empfehlung unseres Zeltnachbarn aus Zeil am Main (über das gute Göller-Bier waren wir uns einig) hatten wir noch eine Tour zum Šunik-Wasserhain (Šunikov vodni gaj) unternommen. An einem Abzweig von der Trenta-Straße 203 bei Lepena (etwa 10 km von Bovec) ins Lepena-Tal kommt man nach 3,5 km zum kleinen Parkplatz beim Einstieg zum Šunik-Wasserhain. Die kurze Wanderrunde (nur etwa 1,5 km) führt im Talschluss unterhalb des Bergs Veliki Lemež (2024 m) entlang des Flüsschens Lepenjica durch ursprünglichen Wald. Hier hat sich das Wasser in das Karstgestein gegraben: viele kleine Wasserfälle und Kaskaden, Tröge, Gumpen und Strudellöcher. Wer kleine, ruhige Naturschönheiten mag, ist hier richtig (der Ort gilt als eine Art „Kraftzentrum“).

Mehr Informationen: www.soca-valley.com/…

Nach diesen eindrucksvollen Touren im Soča-Tal mussten wir wieder nach Hause: Über den Predel-Pass schlossen wir die Runde unseres Touranfangs in den Julischen Alpen: am Lago del Predil gabs noch einen letzten Fotostop.

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Tour Friaul 2023: Venzone: Dom Sant'Andrea Apostolo (Foto: Andreas Kuhrt)

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Von Venzone nach Palmanova

Venzone

Entlang des Flusses Fella führen alte Handels- und neue Verkehrswege aus den Julischen Alpen nach Süden zur Adria. Die ehemalige Pontebba-Bahn, jetzt Alpe-Adria-Radweg, die Autobahn A23 und die Staatsstraße SS13 (Via Pontebbana) gehen durch das enge Tal. Bei Carnia öffnet sich das Fella-Tal zum Julischen Voralpenland und die Fella mündet in den großen Fluß Tagliamento, der weiter nach Süden fließt. Entlang des Tagliamento verlief zu Römerzeiten die Via Julia Augusta von Aquileia zur Provinz Noricum (heute Mittelösterreich, wo das Eisenerz für die römischen Waffen herkam), in der Regierungszeit des ersten römischen Kaisers Augustus (31 v.d.Z. – 14 n.d.Z.) ausgebaut. Am Ausgang des Gebirges der Julischen Voralpen liegt Venzone (deutsch: Peuscheldorf, was für ein armseliger Name für eine altehrwürdige Stadt), das uns durch sein mittelalterliches Aussehen aufgefallen ist. Der Ort war schon seit der Keltenzeit (500 v.d.Z.) ein wichtiger Grenzort zur Kontrolle des Alpenausgangs, bei den Römern eine Station (statio) an der Via Julia Augusta als Wachposten und Etappenziel. Aus Karolingischer Zeit im 8. bis 10. Jh. ist ein Stadtkern belegt und Venzone wurde 923 als Clausas de Abiciones erwähnt. Unter der Herrschaft des Patriarchen von Aquileia wurde Venzone 1247 zur Stadt mit Marktrecht erhoben, ab 1258 wurde die doppelte Stadtmauer mit Wassergraben und drei bewachten Stadttoren errichtet (Gemona lag als feindlicher Handelskonkurrent nur 7 km entfernt). Die historische Bebauung der Innenstadt im venezianischen Stil stammt ursprünglich aus dem 13. und 14. Jh. Der romanisch-gotische Dom Sant’Andrea Apostolo wurde Anfang des 14. Jh. gebaut und 1338 vom Patriarchen von Aquileia Bertrand de Saint-Geniès geweiht. Es gab schwere Erdbeben (z.B. 1348) und die Herrschaft über Venzone wechselte oft, aber der mittelalterliche Ort wurde nicht wirklich zerstört. Die große wirtschaftliche Bedeutung als Handelsposten hat Venzone heute nicht mehr, es ist eher ein Dorf mit ca. 3000 Einwohnern, das vom Tourismus lebt. 1965 wurde Venzone als einzige weitgehend original erhaltene befestigte Ortschaft aus dem 14. Jh. zum Nationaldenkmal Italiens erklärt. 1976 kam es aber zu zwei verheerenden Erdbeben (im Mai und September), es gab 49 Todesopfer und 90 % der Bauten wurden zerstört. Venzone liegt nur rund 3 km vom Berg San Simeone entfernt, unter dem das Epizentrum der Erdbeben war. Während z.B. am Dom nach dem Erdbeben am 6. Mai 1976 nur ein Teil eines Seitenschiffs und des Giebels eingestürzt waren, hat das zweite starke Beben am 11. September 1976 die schon angeschlagene Bausubstanz endgültig zerstört: es blieben nur wenige Mauerfragmente stehen. Nach der fast kompletten Zerstörung Venzones gab es Bestrebungen des Stadtbauamtes, Venzone mit Neubauten wieder aufzubauen. Bei den Aufräumarbeiten (nach dem 6. Mai 1976) wurde historische Bausubstanz eingerissen. Ein 1977 gegründetes Bürgerkomitee verhinderte die Neubaupläne, mit einem Volksbegehren wurde beschlossen, die Stadt „wo sie war und wie sie war“ wieder aufzubauen. Künstlerisch wertvolle Bauteile und 8000 Bau-Steine wurden aus dem Schutt geborgen und nach Funktion und ehemaliger Anordnung katalogisiert. Mit Hilfe der Anastylose-Methode (Rekonstruktion nach dem ursprünglichen Aussehen am originalen Ort mit so viel möglichen originalem Baumaterial, die notwendigen Ergänzungen werden kenntlich gemacht) wurde der gesamte Ort originalgetreu rekonstruiert. Dank dieser unglaublich aufwändigen Aufbauarbeit in einem nationalen Kraftakt kann man Venzone wieder in seinem historischen mittelalterlichen Erscheinungsbild bewundern. Der Ort gehört zum Verbund der schönsten Dörfer Italiens (Borghi più belli d’Italia). Der Wiederaufbau des Domes dauerte von 1982 bis 1995. Die Stadtmauer wurde komplett wieder aufgebaut, von den drei Stadttoren wurde der Wehrturm Porta San Genesio rekonstruiert. Auch die Kapelle San Michele (ein romanischer Bau aus dem 12. Jh.) neben dem Dom war völlig zusammengestürzt, wurde orinalgetreu wieder aufgebaut und beherbergt heute die „Mumien von Venzone“. Seit 1647 wurden in Gräbern im und um den Dom herum 40 Mumien gefunden, die durch die austrocknend-konservierende Wirkung des Schimmelpilzes Hypha bombicina Pers unbeabsichtigt mumifiziert wurden (5 davon werden ausgestellt). Eine kleine Ausstellung in der offenen Loggia des Rathauses (ein Palazzo aus dem 14. Jh.) informiert über das Erdbeben und den Wiederaufbau. Interessant war auch noch ein Hochzeit auf italienisch im Palazzo Comunale: wo bei uns Reis, Blüten oder Flitter gestreut wird, gab es dort einen Regen aus Seifenblasen, das war hübsch und die anschließende Straßenreinigung kann man sich sparen.

Mehr Informationen: www.venzoneturismo.it

Gemona del Friuli

Unser nächstes Ziel war das nur 7 km entfernte Gemona (deutsch: Klemaun, etwa 10500 Einwohner), weil es als sehenswerter Ort mit Burg und mittelalterlicher Altstadt gilt und weil es dort den Zeltplatz Ai Pioppi gibt, der noch geöffnet und sogar auch noch preiswert war. Die starken Erdbeben von 1976 haben Gemona genauso schwer getroffen wie Venzone und Osoppo in der Nachbarschaft: in Gemona gab es 965 Todesopfer und rund 70 % der Bausubstanz wurden zerstört. In der interessanten Ausstellung „1976 Frammenti di memoria“ (Erinnerungsfragmente) gibt es zum Erdbeben, dessen Auswirkungen und dem Wiederaufbau viele Informationen, Original-Nachrichten und Bilder. Auch in Gemona wurden die größten Zerstörungen durch das zweite Beben im September angerichtet: z.B. war der Campanile sowie große Teile des Doms Santa Maria Assunta erst dann vollständig eingestürzt. Der originalgetreue Wiederaufbau des Altstadtkerns und besonders des Doms waren auch in Gemona eine Aufgabe historisch einmaliger Dimension. Im Dom kann man sehr gut die originalen Bauteile von der ersetzten unterscheiden, da diese neuen glatt verputzt wurden. Wenn statisch möglich, wurden auch vorhandene Bauteile stehen gelassen, von den Säulen stehen einige noch schief. Der Dom wurde im 13. Jh. um eine kleinere Vorgängerkirche aus dem 12. Jh. herum erweitert. Aus der Zeit um 1290 stammt auch der große Schaugiebel vom Baumeister und Bildhauer Giovanni Bono aus Bissone (Tessin), der beim Erdbeben relativ unbeschädigt blieb (nicht der Baumeister, sondern der Giebel). Eindrucksvoll ist die 7 m hohe Statue des Christopherus (ein Riese als Christusträger, Schutzpatron der Pilger, Reisenden und Autofahrer, also für uns zuständig), die 1331 von Giovanni Griglio (Griglio da Gemona) geschaffen wurde. Vom nahen Burgberg hat man tolle Ausblicke auf die Altstadt mit dem Dom auf der einen und das Julische Alpenvorland auf der anderen Seite. Die Burg selber, die schon als römisches und Langobarden-Castrum (ca. 7. Jh.) belegt ist, verfiel lange Zeit und wurde als Steinbruch benutzt, drei restliche Türme waren bis 1967 ein Gefängnis. Das Erdbeben 1976 gab der Burg den Rest. Der Wiederaufbau dauert noch an. In Gemona wurden aber auch große Teile der Stadt nach dem Erdbeben modern (im Sinne der 1970er Jahre) überbaut, was aus heutiger Sicht nicht immer gelungen erscheint.

Mehr Informationen: visitgemona.com

Lago di Cavazzo

Ein paar Kilometer gegenüber von Venzone und Gemona liegt auf der anderen Seite des Tagliamento im bewaldeten Bergland der größte natürliche See des Friaul, der Lago di Cavazzo oder auch Lago del tre comuni (wegen der drei Orte ringsum: Alesso, Interneppo und Somplago) oder auch einfach Trilago: 2,2 x 0,8 km, bis 39 m tief, sehr klar, ziemlich kalt. Bei uns hätte das früher Naherholungsgebiet geheißen – Friauls Hauptstadt Udine ist nur rund 35 km entfernt. Am Südende des Sees gibts Hotel, Restaurant, Pizzeria, Zeltplatz, kleine Badestrände, Surf- und Paddelbootausleihe, Parkplatz, Picknick-Areal mit dem einmaligen Schild „Zelten und Feuer machen erlaubt“ und einen kleinen Ökopark Isola ecologica mit Beobachtungspunkten für Wasserschildkröten, Fische und Vögel. Der etwa 9 km lange Rundweg um den See ist nach dem Picknickareal ziemlich einsam. Bei Interneppo gibts einen Abstecher zum Botanischen Garten und Aussichtspunkt auf der Höhe, von dem man das nördliche Ende des Sees bis zur Autobahn A23 (die über den nördlichsten Seezipfel führt) überblicken kann. Der Aussichtspunkt liegt bei Interneppo direkt am Fuß des Monte San Simeone, unter dem das Epizentrum des 1976er Erdbebens war. Ein Denkmal und einige Infotafeln thematisieren erdbebensichere Dämfer für Bauten. Die Schwingungsdämpfer wurden im März 1976 erstmalig beim Bau der Autobahnbrücke über den Cavazzo-See eingebaut. Die Autobahn hat die folgenden Erdbeben im Mai und September 1976 unbeschädigt überstanden. Der weitere Rundweg führt beim Dorf Somplago unter der Autobahn hindurch. Man kommt an Weinhängen und dem Wasserkraftwerk Centrale Idroelettrica di Somplago A2A vorbei. Draußen sieht man nur die Verwaltung und Umspannanlagen, das eigentliche Kraftwerk liegt bis zu 600 m tief im Berg. Die Turbinen werden über Wasserstollen vom etwa 7,5 km entfernten Stausee Lago di Verzegnis angetrieben. Dieses Wasser fließt dann in den Lago di Cavazzo. Der östliche Teil des Rundwegs geht meist auf der asphaltierten Straße Via Tolmezzo am Berghang durch Wald. Außer einer Aussichtsterasse zum See beim Yachthafen Nautilago ist diese Wegstrecke nicht so spannend. Am See-Südende kommt man wieder zum kleinen Lago-3-Comuni-Campingplatz, der direkt am Seeufer schön angelegt ist.

Mehr Informationen: www.lago3comuni.com/…

Artegna

Auf unserer Weiterreise nach Süden haben wir noch einen Stopp im kleinen Ort Artegna (deutsch: Ardingen, ca. 3000 Einwohner) 5 km südlich von Gemona eingelegt. Sehenswert ist im Ort vor allem der Burgberg Colle di San Martino (Hügel Heiliger Martin) mit dem Castello Savorgnan und den Kirchen Santa Maria Nascente (Maria Geburt) und San Martino Vescovo (Heiliger Bischof Martin). Artegna gab es als Castrum Artenia schon seit Römer-/Langobardenzeiten: ein doppelt ummauerter Festungskomplex auf dem Burgberg. 1260 eroberte der Patriarch von Aquileia Gregorio da Montelongo die Burg, 1382 wurde sie von den Gemonesern zerstört, 1384 von Artegna wieder aufgebaut, 1387 wieder zerstört. Ab 1420 wurde unter der Herrschaft des Patriarchen von Aquileia Lodovico di Teck das untere Schloss als Wohnsitz der Lehnsherren von Artegna, Savorgnano della Bandiera, wieder aufgebaut. Ab 1420 übernahm Venedig die Kontrolle über diese Gebiet, 1499 wurde die Burg von Türken geplündert, 1797 von den Franzosen unter Napoleon vereinnahmt, ab 1866 gehörte das Gebiet zu Österreich, ab 1919 zu Italien. Die Erdbeben von 1976 verursachten auch in Artegna schwere Zerstörungen, das Schloss Savorgnan wurde bis 2013 restauriert, ist in privatem Besitz, wurde aber dem Ort Artegna zur Nutzung zur Verfügung gestellt (archäologische Ausstellung, Imbiss, Weinverkostung/-handel). Oben auf dem Burgberg gibt es noch die alte Kirche San Martino Vescovo neben einem Friedhof. Ursprünglich 1205 auf den Grundmauern eines älteren Tempels am Mauerring der frühen Festung erbaut, wurde sie 1299 als Reaktion auf einen Volksaufstand der Artegner zerstört, 1303 wieder aufgebaut, 1511 durch Erdbeben zerstört, 1515-19 in der heutigen Form wieder aufgebaut. Der Glockenturm mit der nach Windrichtung drehbaren Bronze-Haube mit Engel wurde 1681 gebaut. Die heutige Pfarrkirche Santa Maria Nascente (Maria Geburt) wurde um 1300 erbaut, als Ersatz für die zerstörte bisherige Pfarrkirche San Martino an einer vom Ort aus besser zugänglichen Stelle und größer ausgelegt, 1302 geweiht, im 15. Jh. erweitert, ab 1824 in der jetzigen Form umgebaut. Die Kirchen und das Schloss waren bei unserem Besuch leider alle geschlossen. Nach einem kurzen Rundgang durch den ziemlich kleinen und nicht besonders interessanten Ortskern zu Füßen des Burgbergs haben wir unsere Reise nach Süden fortgesetzt, an Udine vorbei (wir hatten keine Lust auf große Städte) nach…

Mehr Informationen: www.turismofvg.it/… | www.castellodiartegna.it/…

Palmanova

Palmanova (etwa 5500 Einwohner) ist eine einzigartig in ihrer ursprünglichen Form erhaltene Renaissance-Planstadt, die ab 1593 unter venezianischer Herrschaft gegen habsburgische und türkische Bedrohung gebaut wurde (ursprünglich hieß der Ort Palma, Palme als Symbol des Sieges, …nova wurde erst wegen der Umbauten unter Napoleonischer Herrschaft hinzugefügt). Die Festungsstadt wurde als Neunzackiger Stern mit etwa 1,1 km Durchmesser angelegt. Die Zacken sind ca. 7 m hohe gemauerte Bastionen (gebaut 1593-1620) mit oben ringsum laufenden Wehrgängen. Zwischen den Bastions-Zacken wurden ab 1665 niedrigere Vorbastionen (Ravelins) zum Schutz des Walls zwischen den Bastionen angelegt. Das Ganze war von einem Flutgraben umgeben. Nach der Eroberung Norditaliens durch Napoleon 1797 wurden weiter draußen noch mal 9 Vorbastionen (Kontergarden) als erste Verteidigungslinie angelegt. Von außen betrachtet wirkt die Umgebung erstaunlich grün, weil die Festungswälle und -gräben mit Gras, Büschen und Bäumen bewachsen sind. Die grünen Bollwerke außerhalb der Stadt taugen auch als rund 5-7 km lange Wander-, Lauf- und Fahrradrundwege. An der Porta Udine kommt ein Wassergraben an, der Palma-Kanal, der Wasser aus dem Fluss Torre bei Zompitta über 32 km zur Wasserversorgung nach Palmanova leitet. Dazu führt neben der Torzufahrt ein venezianisches Aquädukt aus der Zeit der Stadtgründung in den Ort. Nach Palmanova rein führen 3 Straßen durch 3 Stadttore: Porta Udine im Nordwesten, Porta Cividale im Nordosten und Porta Aquileia im Süden. Der gesamte radialsymmetrisch angelegte Ortskern hat nur etwa 800 m Durchmesser, die 3 Hauptstraßen und 3 weitere innerörtliche führen zur Piazza Grande (ursprünglich Piazza d’Armi) in der Ortsmitte, ein wirklich großer sechseckiger Platz mit rund 150 m Durchmesser, der ursprünglich als Aufmarsch- und Exerzierplatz der Festungssoldaten diente. Noch im 1. Weltkrieg war Palmanova ein wichtiger Stützpunkt der italienischen Armee im Hinterland der Isonzo-Front in den Julischen Alpen im Krieg gegen Österreich-Ungarn. Ehemalige Kasernenbauten gibt es in Palmanova noch jede Menge, ein Kasernenhof wird z.B. heute als Bürgergarten genutzt. Als wir Ende September in Palmanova waren, hatte man auch für die Piazza Grande eine bessere Verwendung gefunden: es war Oktoberfest in Palmanova mit Rummel, Brez’n, Bier und bayerischer Geisterbahn. Wir haben aber lieber mal die Nonna Pallina Pasticceria Gelateria Artigianale auf ein belegtes Brot und einen Aperol Spritz besucht und waren im Dom Santissimo Redentore (Heiliger Erlöser). Der Dom wurde 1615-36 im Auftrag des venezianischen Befestigungsamtes erbaut. Es ist ein großes Kirchenschiff mit wuchtigem Schaugiebel und Glockenturm-Stummel (der sollte möglichen Belagerern kein Angriffsziel bieten). Innen gibts eine große Halle mit viel barockem Gold und Wandmalereien. Am interessantesten fand ich noch ein großes Reliquienkreuz von Piccini (19. Jh.), einen Prozessionsthron mit einer sehr realistisch gestalteten Maria mit Kind und auf der Tür zu einer Nebenkapelle die geschmiedeten Figuren von Hahn und Schildkröte. Diese sind nach dem Vorbild eines antiken Mosaiks im Dom von Aquileia gestaltet worden und verkörpern in christlicher Deutung den Kampf von Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit, Aufbruch und Rückzug, Christentum und Unglauben. Palmanova wurde 1960 zum Nationaldenkmal Italiens erklärt, gehört seit 2018 zum Verband der schönsten Dörfer Italiens (Borghi più belli d’Italia) und ist seit 2017 UNESCO-Weltkulturerbe. Unser nächstes Ziel war Aquileia, 17,5 km südlich von Palmanova in Richtung Adria…

Mehr Informationen: www.turismofvg.it/… | www.facebook.com/ComunePalmanova

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Tour Friaul 2023: Val Saisera: Blick zum Jôf di Montasio (Foto: Andreas Kuhrt)

Tour Friaul 2023

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Julische Alpen bei Valbruna

Unsere 2023-Tour durch den Nordosten Italiens: Friaul/Julisch Venetien ging vom Gebirge der Julischen Alpen über das Erdbebengebiet von 1976 bei Gemona bis zur Adria bei Grado, zum Golf von Triest und schließlich durchs Sočatal in Slowenien zurück nach Nordostitalien.

Valbruna – Val Saisera – Sella Somdogna – Miezegnot-Sattel

Unser Ausgangspunkt in den Julischen Alpen war das Dorf Valbruna (Wolfsbach) bei Tarvisio (Tarvis). Mitte September dort ein Unterkunft zu finden, war nicht einfach. Gefühlt machen sie in den italienischen Alpen ab September alles dicht: die Ferien sind vorbei, die Italiener kommen nicht mehr… Die (empfohlene) Casa Julius Kugy hatte Betriebsferien… Hotel Saisera war mit Polizisten ausgebucht (keine Ahnung, was die da gemacht haben, aber abends war alles voller Polizia-Autos)… Hotel Picchio Nero war zu teuer… Unsere letzte Hoffnung: Valbruna Inn hatte sich erbarmt, unangemeldeten Reisenden eine Unterkunft für 90 €/pro Nacht (DZ) zu gewähren. Aber sie waren wirklich sehr nett, haben sogar eine Verlängerung hingekriegt. Super Frühstück, aber ich musste erst mal lernen, den Eierkocher zu bedienen… Und ganz großartig: die Grappa-Selbstbedienungsbar: man konnte sich abends selbst einen Grappa aus dem vielfältigen Angebot aussuchen und auf Vertrauensbasis abzapfen. Das kleine Dorf Valbruna (ca. 200 Einwohner) auf rund 800 m war unser Ausgangspunkt für Touren durchs Val Saisera bis zum Fuß des Montasio (Montasch) und zu Bergen und Seen der Umgebung. Zu den mehrsprachigen Ortsnamen muss man vielleicht noch anmerken, dass dieses gesamte Gebiet des Val Canale/Kanaltal bis 1919 österreichisch war und zu Kärnten gehörte. Im Dreiländereck von Österreich, Italien und Slowenien gibt’s 4 Sprachen: Deutsch/Kärntnisch, Friulanisch, Italienisch und Slowenisch.

Unsere erste Tour war durchs Val Saisera (am Österreich-Ungarischen Soldatenfriedhof des Ersten Weltkriegs vorbei) zum Parco Tematico della Grande Guerra (Themenpark 1. Weltkrieg). Im oberen Saisera-Tal waren die Weltkriegs-Stellungen der Italiener an vorderster Front. Auf der Infotafel stand auch, dass neben Kälte, Hunger, Überlastung und Auszehrung Lawinen eine tödliche Gefahr waren, dass z.B. an einem einzigen Tag, am 11.04.1915 tausende italienische und österreichisch-ungarische Soldaten Lawinenabgängen zum Opfer fielen. Unglaublich menschenverachtend ist auch, dass es zur Kriegsführung gehörte, Bergstürze und Lawinen durch Minen oder Beschuss gezielt auszulösen.

Von Valbruna aus sind es erst mal 5 km entlang des Flusses Saisera bis zum letzten Parkplatz an der Saisera-Alm (auf 1000 m). Diese Maut-Strecke kann man auch mit dem Auto oder Fahrrad fahren, dann gelten festgelegte Bergauf- und Bergab-Fahrzeitfenster (in der Sommersaison). Schon an dem kleinen Fluss Saisera fällt auf, dass die Flüsse in dieser Gegend oft ein unheimlich breites Kiesbett haben, in denen meist nur ein relativ kleiner Wasserlauf ist. Auf Luftbildern/Maps kann man das besonders an der Flüssen Meduna und Tagliamento sehen. Es kann nur so sein, dass diese Flüsse während der Schneeschmelze ungeheure Geröllmengen transportieren. Ab der Saisera-Alm führt eine Schotterpiste mit 15 Serpentinen oder abkürzend auf einem steilen Wanderweg am Rand der Saisera-Schlucht zur Rifugio Fratelli Grego auf 1385 m Höhe. Von dort ist es ein kurzes ebenes Wegstück zur Sella Somdogna (1400 m), dem Ende des Dogna-Tals unter der Montasio-Gruppe (Jôf di Montasio/Montasch, 2754 m). Wir wollten gegenüber des Montasio zum Jôf di Miezegnot (Malborgheter Mittagskofel, 2087 m) und dann vom Planja-Sattel nach Norden zur Rauna-Alm absteigen und weiter runter nach Valbruna (das hat aber nicht geklappt). Nach der Somdogna-Alm (1440 m) steigt man durch die Latschenkiefer-Zone und kommt über der Baumgrenze bei 1900 m zur Ricovero Battaglione Alpini Gemona: ein Kriegsdorf/Battaillonsunterkunft der italienischen Gebirgsjäger aus Gemona im 1. Weltkrieg. Es gibt meist nur noch Ruinen, aber die ehemalige Kapelle der Stellung wurde als Schutzhütte für Wanderer ausgebaut: mit tollem Ausblick zum Montasio und ins Dogna-Tal. Ein kurzer, aber bröselig-rutschiger Aufstieg führt von dort zum Miezegnot-Sattel (2000 m) unter dem Miezegnot-Gipfel. Hier oben mit Blick nach Norden ins Kanaltal (wo die feindlichen österreichisch-ungarischen Truppen waren) gab es entlang der ganzen Bergkette Beobachtungsposten der Italiener im 1. Weltkrieg: Grundmauern, Unterstände, Stollen und Höhlen sind überall zu finden. Die Aussicht (laut Wegbeschreibung) auf ungesicherte, sehr bröselige Kletterstellen und das Donnergrollen aus Richtung Dogna-Tal überzeugten uns, die Miezegnot-Gipfel-Grat-Überschreitung abzubrechen und schleunigst wieder in das 1000 m tiefer gelegene Saisera-Tal abzusteigen. Daraus wurde dann als Eingehtour eine 30-km-Wanderung mit je 1200 m im Auf- und Abstieg…

Fusine-Seen – Cave del Predil – Lago del Predil – Altopiano del Montasio

Am nächsten Tag war erst mal Sonne und Erholung angesagt: Sonnenaufgang am Montasio, Erholung an den Fusine-Seen (Weißenfelser Seen), etwa 18 km von Valbruna nach Osten, nahe der slowenischen Grenze. Da ist es wirklich schön: zwei kleine klare grüne Bergseen im Wald mit der Bergkulisse der slowenischen Mangart-Gruppe (Mangart 2679 m) im Hintergrund, im Sommer vielleicht überlaufen, im September aber ziemlich ruhig.

Rund 10 km weiter westlich, zwischen Valbruna und dem Fusine-Seetal verläuft das Tal der Slizza (Gailitz) in Süd-Nord-Richtung (mündet bei Arnoldstein/Kärnten in die Gail). In diesem Tal liegt der idyllische Lago del Predil (Raibler See). Auf dem Weg dahin kommt man durch Cave del Predil (Raibl), ein ehemaliger Bergwerksort, der jetzt ziemlich heruntergekommen, trostlos und absterbend wirkt. Ehemals war im österreichischen Raibl die größte Zink- und Bleimine der Alpen. Österreichische und slowenische Bergarbeiter arbeiteten in bis zu 1000 m tiefen Stollen unter dem Königsberg (Monte Re). Slowenische Arbeiter kamen sogar durch einen 5 km langen Stollen unter dem Predilpass aus Log pod Mangartom (Brettendorf) zur Arbeit im Bergwerk. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Kanaltal Italien zugeschlagen, die Bevölkerung durch Umsiedlung italienisiert. 1991 wurde das Bergwerk endgültig geschlossen und das Besucherbergwerk „Parco Internazionale Geominerario Cave del Predil“ (Internationaler geologischer Bergwerkspark) eingerichtet: auf dem Außengelände wurde ein paar Grubenbahnen und Fördergeräte aufgestellt und man kann ca. 1000 m Stollen besichtigen (mit Voranmeldung), der Blick auf die verfallenden Bergwerksgebäude am Berghang des Kleinen Königsbergs (Piccolo Monte Re) ist gratis. Nach der Schließung des Bergwerks hat ein Großteil der Bevölkerung den Ort verlassen (1999 waren es noch etwa 450 Einwohner). Cave del Predil hat noch ein Bergbaumuseum, ein militärhistorisches Museum der Julischen Alpen, eine Bergarbeiterkneipe, ein Café, einen Einkaufsladen, einen Kinderspielplatz und zwei Kirchen (St. Anna von 1550 und eine neue von 1966). Sehr interessant sieht der Raibler Fünfspitz aus, fünf Berggipfel um 1900 m direkt über dem Tal bei Raibl. Etwa 2 km talaufwärts (am Rio Lago/Seebach) liegt der Lago del Predil (Raibler See) zwischen 1600 bis 1800 m hohen Bergen. An den Kiesstränden im Norden und Süden kann man baden und Wassersport betreiben. Direkt neben dem See verläuft die italienisch-slowenische Grenze mit dem Grenzübergang am Predilpass.

Wenn man dem Seebachtal weiter bergauf nach Südwesten folgt, kommt man zum Neveasattel (Sella Nevea, 1195 m) mit einem künstlichen Skiressort-Ort. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn dort nicht die Hochstraße zum Altopiano del Montasio abzweigen würde. Das ist eine Hochebene südlich der Montasio-Gruppe auf etwa 1550 m Höhe. Die Hochfläche wird als Weide für Rinder und Schafe genutzt, es gibt die Alm Malga Montasio, der Montasio-Käse ist im Friaul sehr beliebt. Die Berghütte Giacomo di Brazzà (1660 m) ist Ausgangspunkt für Bergsteiger zum Jôf di Montasio (2754 m), Cima di Terrarossa (2420 m) und zu anderen Gipfel der Montasio-Gruppe. Giacomo di Brazzà war ein adliger Naturforscher, der 1881 den heutigen Normalweg zum Montasio über die Forca verde erstbestiegen hat.

Val Dogna – Forchia di Cjanalot (Piper-Scharte)

Vom Nevea-Sattel führt die Landstraße SP76 18 km weiter durch das abgelegene Raccolana-Tal (das Giacomo di Brazzà auch erforscht hat) nach Raccolana/Chiusaforte am Fella-Fluss. Im engen Raccolana-Tal gibt es zwischen mehr als 2000 m hohen Bergketten jede Menge Seitenflüsse und Wasserfälle. Zwischen dem Raccolana-Tal im Süden und dem Kanaltal im Norden erschließt das Dogna-Tal vom Ort Dogna (an der Fella) aus das das Gebiet nördlich des Montasio bis zum Somdogna-Pass (da waren wir schon vom Saisera-Tal aus). Das Tal ist Luftlinie nur etwa 10 km lang, aber die Straße schlängelt sich in unglaublich vielen Windungen und Serpentinen über 18 km durchs Tal. Unterwegs kommt man an mehreren italienischen Stellungen aus dem 1. Weltkrieg vorbei, u.a. an betonierten Schützengräben, Wehrgängen und Höhlen bei der „Linea Difensiva dei Plans“, einer Verteidigungsstellung und Versorgungsstützpunkt für die Alpini Gemona im Montasio-Gebiet. Von einem Felssporn aus hatte man das Dogna-Tal und die Straße unter Kontrolle. Rund 2 km weiter talaufwärts sind wir von der Alm Plan dei Spadovai (1115 m) aus am Rio Cjanalot aufwärts zur Forchia di Cjanalot (Piper-Scharte, 1814 m) gewandert, immer im Blick: die Montasio-Nordflanke über dem Val Dogna. Die Piper-Scharte war im 1. Weltkrieg ein weiterer Beobachtungsposten der italienischen Alpini ins österreichische Kanaltal.

Monte Lussari

Eine Tour haben wir bei Valbruna noch gemacht: aufgrund des Tipps eines „Insiders“ („bei David gibts immer was Gutes, Fleisch, Fisch, Nudeln – was ihr wollt“) sind wir zum Monte Lussari (Luschariberg, 1788 m) aufgestiegen: da sind ein paar Gasthäuser und Hotels um eine Wallfahrtskirche versammelt. Weil in der Nachsaison die Seilbahn nur am Wochenende fährt, sind wir auf der Direttissima von Valbruna durch den Bergwald über die Limerca-Alm aufgestiegen: 950 Höhenmeter auf etwa 3 km Wegstrecke, Halleluja. Zwischendurch haben wir noch Schutz vor den Regenschauern in der Seilbahn-Mittelstation gefunden. Der auf der anderen Bergseite aufsteigende Büßerweg von Camporosso aus war früher die einzige Möglichkeit auf den Berg zu gelangen. 1360 soll ein Schafhirte eine kleine hölzerne Madonnenfigur auf dem Monte Lussari gefunden und sie zum Pfarrer in Camporosso gebracht haben. Am nächsten Tag soll sie wieder oben gelegen haben und am übernächsten wieder. Daraufhin wurde an der Stelle eine Kapelle erbaut, die durch einen regen Pilgerstrom zum Marien-Wallfahrtsort wurde. An Stelle der Kapelle wurde im 16. Jh. die Wallfahrtskirche Monte Lussari errichtet, Millionen Pilger sollen seitdem oben gewesen sein. In den Weltkriegen wurde die Kirche zerstört und danach wieder aufgebaut. Mit dem Bau der Seilbahn hat sich die Besucherzahl noch mal erhöht. Aber es wurde auch viel touristischer mit Gasthöfen, Bars, Andenkenladen, Sportladen, Skilift und Abfahrtshang. Davon war aber nichts zu bemerken als wir oben waren, es war alles komplett geschlossen: Kirche, Gaststätten, Seilbahn… Uns blieb nur der etwas wolkenverhangene Rundumblick vom Gipfelkreuz und der Rückweg über die Lussari-Straße ins Val Saisera. Diese Bergstraße mit rund 900 m Anstieg in 18 Serpentinen auf vielleicht 6 km war im Mai 2023 die vorletzte Etappe des Giro d’Italia (Einzelzeitfahren von Tarvisio zum Monte Lussari). Der Slowene Primož Roglič (Rogla, früher Skispringer) gewann diese Etappe und wurde dann auch Giro-Sieger. Extra für diese Etappe wurde die ursprüngliche Schotterpiste betoniert.

Als wir an diesem Tag nach der 7-Stunden-Wanderung hungrig und völlig durchnässt zum Valbruna Inn zurückkamen, stand fest, dass wir am nächsten Tag das Gebirge in Richtung Süden auf der Suche nach Sonnenschein verlassen.

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