Wieder ein tolles Weltmusikfestival mit allgegenwärtigen Besucherströmen (vor allem in der Innstadt) und vielen interessanten Konzerten, zwischen denen man sich nicht leicht entscheiden konnte. Von allen Bands war mir nur ein Name bekannt: Marley: der Sohn der Reggea-Legende Bob Marley Julian „JuJu“ Marley bestritt das Eröffnungskonzert am Donnerstag Abend.
Calle Mambo (Chile/Kolumbien/Frankreich/Deutschland)
Das Rudolstadt Festival hatte dies mal ein Vorspiel: ein Sonderkonzert der Latino-Truppe Calle Mambo (www.callemambooficial.com | www.facebook.com/callemamboofficial) im Kultursaal des Rathaus‘ Teichel (eine Kleinstadt 10 km nördlich von Rudolstadt). Calle Mambo wurde 2013 in Valparaíso/Chile gegründet (der Name kommt vielleicht von der Heimadresse Calle Cinco). Die multinationalen Bandmitglieder aus Chile, Kolumbien, Frankreich und Deutschland sind: Dante Sebastian Parraguez Garcia (Percussion, Timbales/lateinamerikanische Trommeln) (ob das aber wirklich Dante Parraguez in Rudolstadt war, weiß ich nicht, da müsste er etwas zugelegt haben), Erkki Pertti Nylund Campusano (Gitarre, Tiple/kleine lateinamerikanische Gitarre, Cuatro/kleine lateinamerikanische Gitarre, Quena/Andenflöte), Guillaume Laumière (Charango/kleine Andengitarre, Ronroco/kleine bolivianische Gitarre) (www.facebook.com/guillaume.laumiere), Jonathan Leonard Moreira Valle (Gesang, Quena/Andenflöte, Quenacho/große Andenflöte, Gaita/spanischer Dudelsack, Zampoña/Panflöte), Isidora Urrutia Alegría (oder vielleicht jemand anders?) (Synthesizer, Gesang). Die Band trifft sich im Sommer (Basislager in Frankreich oder Berlin) zu Europatouren: 2024 als Promoting-Tour für ihr neues Album „Retumba la Tierra“ (März 2024). Ihre Musik bezeichnen sie als Electropachamámica: eine mit Electronic-Beats, Synthesizer, Hiphop modern aufgepeppte Fusion indio-andiner und afrokolumbianischer Rhythmen wie Huayno, Cumbia, Timba, Caporal. Ihre Eigenkompositionen spielen sie mit einer Menge originaler spezieller lateinamerikanischer/andiner Musikinstrumente. Ein Auftritt des Sängers Jonathan Valle mit bunter Drachenmaske war optisch interessant, aber für uns leider nicht verständlich. Insgesamt ein lebendiger, furioser Auftakt mit mitreißender Musik und Musikern, die ihr Handwerk beherrschen. Aber der letzte Funke wollte nicht so richtig überspringen, vielleicht auch, weil man im Kultursaal an seinen Stuhl gefesselt und die Lautstärke für den relativ kleinen Raum ein bisschen übertrieben war. Aber es war ein schönes Erlebnis: die Organisatoren hatten sich zwecks Versorgung mit Getränken, Waffeln und Bratwurst alle Mühe gegeben (ganz zu schweigen von den technischen Vorbereitungen des Auftritts), außerdem fuhr ein kostenloser Shuttlebus von Rudolstadt.
Julian „JuJu“ Marley + The Uprising (Jamaika)
Julian „JuJu“ Ricardo Marley (www.julianmarley.com | @julianrmarley), der zweitjüngste Sohn (von 12 Kindern) der Reggea-Legende Bob Marley, bestritt mit seiner Uprising Band (Name wie Bob Marleys letztes Album, 1980) das Eröffnungskonzert beim Rudolstadt Festival 2024 am Donnerstag Abend auf der Großen Bühne im Heinepark (etwa 10.000 Besucher lt. OTZ). Wie sein Vater steht er für Reggae, Rastafari und Räucherstäbchen (die selbstgedrehten aus Gras), was man nicht überriechen konnte. 1975 in London geboren und aufgewachsen (Mutter: Lucy Pounder aus Barbados), lernte autodidaktisch Gitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard, mit 5 erste Demoaufnahme im Marley-Studio. Lebt seit 1992 in Kingston/Jamaika, lernte bei legendären Reggae-Musikern, tourte mit seinen Brüdern Stephen, Damian und Ky-Mani als Ghetto Youth Crew drei Jahre durch die USA, gründete mit den Brüdern Ziggy, Stephen und Damian das Plattenlabel Ghetto Youth zur Unterstützung mittelloser Musiktalente, gründeten die Ghetto Youth Foundation zur Unterstützung armer Gemeinden, 1989 Debütalbum „Uprising“, 2023 „Colors Of Royal (erhielt 2024 den Grammy-Award als bestes Reggae-Album). Rudolstadt war die 16. Station der „Colors Of Royal“-Tour 2024 (43 Auftritte Juni-August durch Europa von UK bis Malta, danach noch 22 Gigs im September/Oktober in den USA und Kanada, Musiker habens auch nicht leicht). Seine Band The Uprising sind: Andrew Simpson (Gitarre) (@simoliveguitar), Andrew „Chaco“ Edwards (Bass) (@chaco_bass), Leonard Andrew Forbes Jr. (Keyboard) (@leandrewkeyz), Roobney „Speedy“ Ligonde (Percussion) (@speedykingmasterpercutiom), Dave Richards (Schlagzeug) (@drich_1k), Shanna-Lee Fletcher (@oneshannalee | www.1shannalee.com) und Karene Brown (@kvymvgic) (Background-Gesang) und einen zweiten Keyboarder gibts auch noch (den ich irgendwie nicht beachtet hab). Julian Marley führt das große Erbe seines Vaters Bob Marley sehr authentisch und erfolgreich fort und entwickelt es mit eigenen Ambitionen weiter: eigene Songs, eigener Musikstil mit Jazz-, Blues-, Dance- und Hiphop-Einflüssen. Aber es ist immer noch gelebter Roots-Reggae mit Rastafari-Spiritualität und sozialem Engagement. Sein Credo ist, mit seiner Musik Liebe gegen Hass und Terrorismus in der Welt zu verbreiten.
Stranger Cole (Jamaika) + The SteadyTones (Bayern) feat. Irma Washington
Als „Urvater“ des Reggae vom Programmheft empfohlen: auf der Konzertbühne gegenüber im Heinepark spielte dann Stranger Cole (Jahrgang 1942) aus Jamaika (en.wikipedia.org) + The SteadyTones (Eggenfelden/Bayern) (www.steadytones.com) + Irma Washington als Sängerin. Nach ein paar Takten des Brass-Rocksteady der 1960/70er Jahre war mir schnell klar, dass dieser altbackene Schunkel-Reggae nichts für mich ist – und brechend voll war es außerdem (deshalb hab ich auch nur 2 Fotos von ganz weit weg). Hier noch die SteadyTones-Band: Florian Strober (Schlagzeug, Gesang), Albert Akbaba (Gitarre), Maxwell List (Gitarre), Boudewijn van Trigt (Bass), Clemens Riedel (Keyboard), Andreas Huber (Posaune) und Blaž Trček (Saxofon).
You Shouldn’t Know From It (Berlin)
Dann hatten wir uns sogar mal ins Tanzzelt verirrt (was sonst selten vorkommt) und das sogar bei Klezmer-Klängen (noch seltener). Aber die 5, von denen man nichts wissen sollte, hatten die Tänzer im Griff: mit jüdischer Tanzmusik der 1920er Jahre und klaren Anweisungen: Alle im Kreis! Nach links! Nach rechts! Nach hinten! Nach vorn! Und alles von vorn! Ich hab gestaunt, wie man es schafft, gefühlt 200 Tänzer im „Gleichschritt“ in mehreren Kreisen durch das Zelt zu dirigieren. You Shouldn’t Know From It (www.facebook.com/knowfromit | www.gorki.de/…) sind international: Sasha Lurje (Gesang, Lettland), Samuel Maquin (Klarinette, Frankreich), Sanne Möricke (Akkordeon, Niederlande), Michael Tuttle (Bass, USA) und Hampus Melin (Schlagzeug, Schweden). Am Maxim Gorki Theater Berlin (Studio Я) bilden sie mit weiteren Klezmer-Musikern die Klezmer Bund Big Band.
Noon (Bretagne/Frankreich)
High Noon kann man nachts um 1 nicht gerade sagen, aber irgendwie high war Noon (www.facebook.com/noonmusique | www.lennproduction.fr/…) trotzdem: 3 Dudelsäcke + 1 Maschine aus Vannes (bretonisch: Gwened) in der Bretagne: das sind fette düstere Electronic-Beats und Drums von Antoine Duchêne (eigentlich Cello-Spieler und Filmmusik-Komponist) als Basis mit einem Topping traditioneller bretonischer Musik von drei hypnotisierend pfeifenden Dudelsäcken: die Sackpfeifer (heißt wirklich so) Pierre Thébault, Etienne Chouzier und Ewen Couriaut. Als Jugendliche waren die Musiker Mitglieder der Musikschule/Orchester für traditionelle bretonische Musik Bagad de Vannes Melinerion (www.bagad-de-vannes.com). Ein Bagad ist eine örtliche traditionelle bretonische Band mit Dudelsäcken, Bombarden und Schlagzeug, ähnlich einem Spielmannszug. In jeder größeren Stadt der Bretagne gibt es mindestens einen Bagad, insgesamt sind es über 80). Jährlich finden in Brest und Lorient nationale Wettbewerbe beim Interceltic Festival statt, 2009 und 2013 konnten die noch jungen Musiker 1. Preise gewinnen. Bei der Gründung von Noon 2018 waren es noch 4 Dudler (mit Aymeric Bevan), 2022 haben sie ihre Debüt-EP „Run“ rausgebracht. Bretonische Dudelsäcke auf Techno-Trip.
Fast jährlich ist der Fotoclub Kontrast Suhl eingeladen, eine Club- oder Personalausstellung in der Musikschule Suhl zu gestalten. Unser Fotoclubraum befindet seit 2010 im Gebäude der Musikschule (die frühere Rimbach-Schule) und deshalb ist es naheliegend, die langen Flure der Musikschule mit Bildern zu beleben und umgekehrt eine verläßliche, ziemlich gut besuchte öffentliche Ausstellungsmöglichkeit für unsere Fotos zu haben – eine Win-Win-Situation.
In der diesjährigen Dauerausstellung vom März bis Oktober 2024 unter dem Titel Ernte‘24 präsentieren Fotoclub-Kontrast-Mitglieder ihre besten Bilder, sozusagen die Foto-Ernte des Jahrgangs 2023/24. Es sind 15 Aussteller, die ihre individuelle „Foto-Handschrift“, ihre Lieblings-Motive vorstellen: Julia Didelot (Steinbach-Hallenberg), Jens Gutberlet (Ebertshausen), Ines Koch (Jena), Michael Oehlsen (Erfurt), Uli Pfeufer (Breitenbach), Michael Ritter (Zella-Mehlis), Dietmar Schmidt (Bermbach) und aus Suhl: Claus Gebhardt, Günter Giese, Manuela Hahnebach, Roland Kastner, Andreas Kuhrt, Peter Maximilian Schmidt, Michael Stürtz und Kerstin Wolff. Die Themen sind vielfältig wie die persönlichen Interessen und reichen von Landschafts-, Reise-, Street- und Lost-Places-Fotografie über Musikveranstaltungen, Porträt und Tiere bis zu Sachaufnahmen, Strukturen, Fotoexperimenten und geplanten Themenbildern.
Seien Sie gespannt auf eine vielfältige, bunte Fotoausstellung mit großformatigen Bildern in der Städtischen Musikschule Suhl, Rimbachstraße 43. Zur Ausstellungseröffnung am Dienstag, den 12. März 2024 um 18:30 Uhr laden wir alle Interessenten herzlich ein. Die Ausstellung wird von der Leiterin der Musikschule Suhl Viola Bornscheuer eröffnet, Musikschüler sorgen für die musikalische Umrahmung.
Europäisches Museum für Modernes Glas (Kunstsammlungen der Veste Coburg)
Ein sehr interessantes Museum in der Rosenau in Rödental. Für den, der sich für Glasobjekte, -details und -strukturen interessiert und die fotografischen Herausforderungen von Lichtbrechung und -spiegelungen annimmt, ist das ein Eldorado der Fotografie, das man auch länger erkunden kann. Eine Spiegelreflexkamera und Stativ sind empfehlenswert: begrenztes Licht, Tiefenschärfe-Einstellung interessanter. Mehr Informationen: glasmuseum.kunstsammlungen-coburg.de
Mit dem Bild Glasfächer, ein Ausschnitt aus der Glasskulptur Jewel von László Lukáczi/Ungarn (2012, dichroitisches Glas, laminiert, poliert) hab ich seit langem mal wieder ein Bild des Monats (11.2023) mit-gewonnen. Mehr Informationen: suhl.fotoclubkontrast.de/…
Unsere 2023-Tour durch den Nordosten Italiens: Friaul/Julisch Venetien ging vom Gebirge der Julischen Alpen über das Erdbebengebiet von 1976 bei Gemona bis zur Adria bei Grado, zum Golf von Triest und schließlich durchs Sočatal in Slowenien zurück nach Nordostitalien.
Valbruna – Val Saisera – Sella Somdogna – Miezegnot-Sattel
Unser Ausgangspunkt in den Julischen Alpen war das Dorf Valbruna (Wolfsbach) bei Tarvisio (Tarvis). Mitte September dort ein Unterkunft zu finden, war nicht einfach. Gefühlt machen sie in den italienischen Alpen ab September alles dicht: die Ferien sind vorbei, die Italiener kommen nicht mehr… Die (empfohlene) Casa Julius Kugy hatte Betriebsferien… Hotel Saisera war mit Polizisten ausgebucht (keine Ahnung, was die da gemacht haben, aber abends war alles voller Polizia-Autos)… Hotel Picchio Nero war zu teuer… Unsere letzte Hoffnung: Valbruna Inn hatte sich erbarmt, unangemeldeten Reisenden eine Unterkunft für 90 €/pro Nacht (DZ) zu gewähren. Aber sie waren wirklich sehr nett, haben sogar eine Verlängerung hingekriegt. Super Frühstück, aber ich musste erst mal lernen, den Eierkocher zu bedienen… Und ganz großartig: die Grappa-Selbstbedienungsbar: man konnte sich abends selbst einen Grappa aus dem vielfältigen Angebot aussuchen und auf Vertrauensbasis abzapfen. Das kleine Dorf Valbruna (ca. 200 Einwohner) auf rund 800 m war unser Ausgangspunkt für Touren durchs Val Saisera bis zum Fuß des Montasio (Montasch) und zu Bergen und Seen der Umgebung. Zu den mehrsprachigen Ortsnamen muss man vielleicht noch anmerken, dass dieses gesamte Gebiet des Val Canale/Kanaltal bis 1919 österreichisch war und zu Kärnten gehörte. Im Dreiländereck von Österreich, Italien und Slowenien gibt’s 4 Sprachen: Deutsch/Kärntnisch, Friulanisch, Italienisch und Slowenisch.
Unsere erste Tour war durchs Val Saisera (am Österreich-Ungarischen Soldatenfriedhof des Ersten Weltkriegs vorbei) zum Parco Tematico della Grande Guerra (Themenpark 1. Weltkrieg). Im oberen Saisera-Tal waren die Weltkriegs-Stellungen der Italiener an vorderster Front. Auf der Infotafel stand auch, dass neben Kälte, Hunger, Überlastung und Auszehrung Lawinen eine tödliche Gefahr waren, dass z.B. an einem einzigen Tag, am 11.04.1915 tausende italienische und österreichisch-ungarische Soldaten Lawinenabgängen zum Opfer fielen. Unglaublich menschenverachtend ist auch, dass es zur Kriegsführung gehörte, Bergstürze und Lawinen durch Minen oder Beschuss gezielt auszulösen.
Von Valbruna aus sind es erst mal 5 km entlang des Flusses Saisera bis zum letzten Parkplatz an der Saisera-Alm (auf 1000 m). Diese Maut-Strecke kann man auch mit dem Auto oder Fahrrad fahren, dann gelten festgelegte Bergauf- und Bergab-Fahrzeitfenster (in der Sommersaison). Schon an dem kleinen Fluss Saisera fällt auf, dass die Flüsse in dieser Gegend oft ein unheimlich breites Kiesbett haben, in denen meist nur ein relativ kleiner Wasserlauf ist. Auf Luftbildern/Maps kann man das besonders an der Flüssen Meduna und Tagliamento sehen. Es kann nur so sein, dass diese Flüsse während der Schneeschmelze ungeheure Geröllmengen transportieren. Ab der Saisera-Alm führt eine Schotterpiste mit 15 Serpentinen oder abkürzend auf einem steilen Wanderweg am Rand der Saisera-Schlucht zur Rifugio Fratelli Grego auf 1385 m Höhe. Von dort ist es ein kurzes ebenes Wegstück zur Sella Somdogna (1400 m), dem Ende des Dogna-Tals unter der Montasio-Gruppe (Jôf di Montasio/Montasch, 2754 m). Wir wollten gegenüber des Montasio zum Jôf di Miezegnot (Malborgheter Mittagskofel, 2087 m) und dann vom Planja-Sattel nach Norden zur Rauna-Alm absteigen und weiter runter nach Valbruna (das hat aber nicht geklappt). Nach der Somdogna-Alm (1440 m) steigt man durch die Latschenkiefer-Zone und kommt über der Baumgrenze bei 1900 m zur Ricovero Battaglione Alpini Gemona: ein Kriegsdorf/Battaillonsunterkunft der italienischen Gebirgsjäger aus Gemona im 1. Weltkrieg. Es gibt meist nur noch Ruinen, aber die ehemalige Kapelle der Stellung wurde als Schutzhütte für Wanderer ausgebaut: mit tollem Ausblick zum Montasio und ins Dogna-Tal. Ein kurzer, aber bröselig-rutschiger Aufstieg führt von dort zum Miezegnot-Sattel (2000 m) unter dem Miezegnot-Gipfel. Hier oben mit Blick nach Norden ins Kanaltal (wo die feindlichen österreichisch-ungarischen Truppen waren) gab es entlang der ganzen Bergkette Beobachtungsposten der Italiener im 1. Weltkrieg: Grundmauern, Unterstände, Stollen und Höhlen sind überall zu finden. Die Aussicht (laut Wegbeschreibung) auf ungesicherte, sehr bröselige Kletterstellen und das Donnergrollen aus Richtung Dogna-Tal überzeugten uns, die Miezegnot-Gipfel-Grat-Überschreitung abzubrechen und schleunigst wieder in das 1000 m tiefer gelegene Saisera-Tal abzusteigen. Daraus wurde dann als Eingehtour eine 30-km-Wanderung mit je 1200 m im Auf- und Abstieg…
Fusine-Seen – Cave del Predil – Lago del Predil – Altopiano del Montasio
Am nächsten Tag war erst mal Sonne und Erholung angesagt: Sonnenaufgang am Montasio, Erholung an den Fusine-Seen (Weißenfelser Seen), etwa 18 km von Valbruna nach Osten, nahe der slowenischen Grenze. Da ist es wirklich schön: zwei kleine klare grüne Bergseen im Wald mit der Bergkulisse der slowenischen Mangart-Gruppe (Mangart 2679 m) im Hintergrund, im Sommer vielleicht überlaufen, im September aber ziemlich ruhig.
Rund 10 km weiter westlich, zwischen Valbruna und dem Fusine-Seetal verläuft das Tal der Slizza (Gailitz) in Süd-Nord-Richtung (mündet bei Arnoldstein/Kärnten in die Gail). In diesem Tal liegt der idyllische Lago del Predil (Raibler See). Auf dem Weg dahin kommt man durch Cave del Predil (Raibl), ein ehemaliger Bergwerksort, der jetzt ziemlich heruntergekommen, trostlos und absterbend wirkt. Ehemals war im österreichischen Raibl die größte Zink- und Bleimine der Alpen. Österreichische und slowenische Bergarbeiter arbeiteten in bis zu 1000 m tiefen Stollen unter dem Königsberg (Monte Re). Slowenische Arbeiter kamen sogar durch einen 5 km langen Stollen unter dem Predilpass aus Log pod Mangartom (Brettendorf) zur Arbeit im Bergwerk. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das Kanaltal Italien zugeschlagen, die Bevölkerung durch Umsiedlung italienisiert. 1991 wurde das Bergwerk endgültig geschlossen und das Besucherbergwerk „Parco Internazionale Geominerario Cave del Predil“ (Internationaler geologischer Bergwerkspark) eingerichtet: auf dem Außengelände wurde ein paar Grubenbahnen und Fördergeräte aufgestellt und man kann ca. 1000 m Stollen besichtigen (mit Voranmeldung), der Blick auf die verfallenden Bergwerksgebäude am Berghang des Kleinen Königsbergs (Piccolo Monte Re) ist gratis. Nach der Schließung des Bergwerks hat ein Großteil der Bevölkerung den Ort verlassen (1999 waren es noch etwa 450 Einwohner). Cave del Predil hat noch ein Bergbaumuseum, ein militärhistorisches Museum der Julischen Alpen, eine Bergarbeiterkneipe, ein Café, einen Einkaufsladen, einen Kinderspielplatz und zwei Kirchen (St. Anna von 1550 und eine neue von 1966). Sehr interessant sieht der Raibler Fünfspitz aus, fünf Berggipfel um 1900 m direkt über dem Tal bei Raibl. Etwa 2 km talaufwärts (am Rio Lago/Seebach) liegt der Lago del Predil (Raibler See) zwischen 1600 bis 1800 m hohen Bergen. An den Kiesstränden im Norden und Süden kann man baden und Wassersport betreiben. Direkt neben dem See verläuft die italienisch-slowenische Grenze mit dem Grenzübergang am Predilpass.
Wenn man dem Seebachtal weiter bergauf nach Südwesten folgt, kommt man zum Neveasattel (Sella Nevea, 1195 m) mit einem künstlichen Skiressort-Ort. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn dort nicht die Hochstraße zum Altopiano del Montasio abzweigen würde. Das ist eine Hochebene südlich der Montasio-Gruppe auf etwa 1550 m Höhe. Die Hochfläche wird als Weide für Rinder und Schafe genutzt, es gibt die Alm Malga Montasio, der Montasio-Käse ist im Friaul sehr beliebt. Die Berghütte Giacomo di Brazzà (1660 m) ist Ausgangspunkt für Bergsteiger zum Jôf di Montasio (2754 m), Cima di Terrarossa (2420 m) und zu anderen Gipfel der Montasio-Gruppe. Giacomo di Brazzà war ein adliger Naturforscher, der 1881 den heutigen Normalweg zum Montasio über die Forca verde erstbestiegen hat.
Val Dogna – Forchia di Cjanalot (Piper-Scharte)
Vom Nevea-Sattel führt die Landstraße SP76 18 km weiter durch das abgelegene Raccolana-Tal (das Giacomo di Brazzà auch erforscht hat) nach Raccolana/Chiusaforte am Fella-Fluss. Im engen Raccolana-Tal gibt es zwischen mehr als 2000 m hohen Bergketten jede Menge Seitenflüsse und Wasserfälle. Zwischen dem Raccolana-Tal im Süden und dem Kanaltal im Norden erschließt das Dogna-Tal vom Ort Dogna (an der Fella) aus das das Gebiet nördlich des Montasio bis zum Somdogna-Pass (da waren wir schon vom Saisera-Tal aus). Das Tal ist Luftlinie nur etwa 10 km lang, aber die Straße schlängelt sich in unglaublich vielen Windungen und Serpentinen über 18 km durchs Tal. Unterwegs kommt man an mehreren italienischen Stellungen aus dem 1. Weltkrieg vorbei, u.a. an betonierten Schützengräben, Wehrgängen und Höhlen bei der „Linea Difensiva dei Plans“, einer Verteidigungsstellung und Versorgungsstützpunkt für die Alpini Gemona im Montasio-Gebiet. Von einem Felssporn aus hatte man das Dogna-Tal und die Straße unter Kontrolle. Rund 2 km weiter talaufwärts sind wir von der Alm Plan dei Spadovai (1115 m) aus am Rio Cjanalot aufwärts zur Forchia di Cjanalot (Piper-Scharte, 1814 m) gewandert, immer im Blick: die Montasio-Nordflanke über dem Val Dogna. Die Piper-Scharte war im 1. Weltkrieg ein weiterer Beobachtungsposten der italienischen Alpini ins österreichische Kanaltal.
Monte Lussari
Eine Tour haben wir bei Valbruna noch gemacht: aufgrund des Tipps eines „Insiders“ („bei David gibts immer was Gutes, Fleisch, Fisch, Nudeln – was ihr wollt“) sind wir zum Monte Lussari (Luschariberg, 1788 m) aufgestiegen: da sind ein paar Gasthäuser und Hotels um eine Wallfahrtskirche versammelt. Weil in der Nachsaison die Seilbahn nur am Wochenende fährt, sind wir auf der Direttissima von Valbruna durch den Bergwald über die Limerca-Alm aufgestiegen: 950 Höhenmeter auf etwa 3 km Wegstrecke, Halleluja. Zwischendurch haben wir noch Schutz vor den Regenschauern in der Seilbahn-Mittelstation gefunden. Der auf der anderen Bergseite aufsteigende Büßerweg von Camporosso aus war früher die einzige Möglichkeit auf den Berg zu gelangen. 1360 soll ein Schafhirte eine kleine hölzerne Madonnenfigur auf dem Monte Lussari gefunden und sie zum Pfarrer in Camporosso gebracht haben. Am nächsten Tag soll sie wieder oben gelegen haben und am übernächsten wieder. Daraufhin wurde an der Stelle eine Kapelle erbaut, die durch einen regen Pilgerstrom zum Marien-Wallfahrtsort wurde. An Stelle der Kapelle wurde im 16. Jh. die Wallfahrtskirche Monte Lussari errichtet, Millionen Pilger sollen seitdem oben gewesen sein. In den Weltkriegen wurde die Kirche zerstört und danach wieder aufgebaut. Mit dem Bau der Seilbahn hat sich die Besucherzahl noch mal erhöht. Aber es wurde auch viel touristischer mit Gasthöfen, Bars, Andenkenladen, Sportladen, Skilift und Abfahrtshang. Davon war aber nichts zu bemerken als wir oben waren, es war alles komplett geschlossen: Kirche, Gaststätten, Seilbahn… Uns blieb nur der etwas wolkenverhangene Rundumblick vom Gipfelkreuz und der Rückweg über die Lussari-Straße ins Val Saisera. Diese Bergstraße mit rund 900 m Anstieg in 18 Serpentinen auf vielleicht 6 km war im Mai 2023 die vorletzte Etappe des Giro d’Italia (Einzelzeitfahren von Tarvisio zum Monte Lussari). Der Slowene Primož Roglič (Rogla, früher Skispringer) gewann diese Etappe und wurde dann auch Giro-Sieger. Extra für diese Etappe wurde die ursprüngliche Schotterpiste betoniert.
Als wir an diesem Tag nach der 7-Stunden-Wanderung hungrig und völlig durchnässt zum Valbruna Inn zurückkamen, stand fest, dass wir am nächsten Tag das Gebirge in Richtung Süden auf der Suche nach Sonnenschein verlassen.
Es gab (wie immer) jede Menge Neuentdeckungen, die ich erst mal ein bisschen einordnen muss. Ein erster Foto-Eindruck vom Rudolstadt-Festival 2023: Ana Carla Maza aus Kuba (lebt in Spanien/Frankreich): ein Traum in Rot und Haut. Und musikalisch war sie auch traumhaft und ziemlich lebendig.
Eröffnungskonzert auf der Großen Bühne im Heinepark: Der „Jungspund“ der legendären kubanischen Musik-Altmeister, die 1996 mit Ry Cooder das Album Buena Vista Social Club (W www.buenavistasocialclub.com) aufgenommen hatten, Eliades Ochoa (*1946) (W eliadesochoaofficial.com) ist inzwischen auch schon 77 Jahre alt. Er und die Sängerin Omara Portuondo (*1930) sind die beiden letzten lebenden Legenden dieser Afro-Cuban-All-Stars-Solisten. Ibrahim Ferrer, Compay Segundo und Rubén Gonzáles sind schon 2003/2005 gestorben. Seit 1978 leitet der Gitarrist und Sänger Eliades Ochoa das Cuarteto Patria/Grupo Patria (gegründet 1939), in dem inzwischen 6 Musiker spielen. Von der angekündigten Patria-Besetzung hab ich nur Eliades Ochoa und den Trompeter Raony Sánchez (F www.facebook.com/raonytrompeta) erkennen können. Osnel Odit (Gitarre), Jose Angel Martinez (Bass), Eglis Ochoa (Maracas, Saxophon) und Jorge Materell (Perkussion) waren, glaube ich, nicht dabei. Dafür gabs zusätzlich einen Pianisten, vielleicht Geovanis Alcántara López. 1980 spielte Eliades Ochoa mit dem Cuarteto Patria und Compay Segundo die erste Version dessen Songs Chan Chan ein, der natürlich auch diesmal nicht fehlen durfte („Chan Chan“ natürlich, nicht Compay Secundo, der ist 2003 gestorben). Eliades Ochoa & Grupo Patria spielen traditionellen kubanischen Son. Sie präsentierten die Songs des neuen Albums „Guajiro“ – „ein Feuerwerk der Lebensfreude und karibischer Leichtigkeit“ (laut Ankündigung). Na ja, das Feuerwerk kam mir auf Dauer etwas altbacken und ganz schön eintönig vor. Und der im Ry-Cooder-Album (1996) und Wim-Wenders-Film (1999) beschworene „Buena Vista Social Club“ hat nun auch schon wieder über 25 Jahre auf dem oft strapazierten Buckel.
Los Muñequitos de Matanzas (Kuba)
Da waren die etwa 15 Musiker/Tänzer von Los Muñequitos de Matanzas (Die Puppen/Comics von Matanzas, eine Hafenstadt 100 km östlich von Havanna) (F www.facebook.com/losmunequitosdematanzas) von ganz anderem Kaliber: quicklebendig, druckvoll, laut, wild. 1952 gründeten Straßenmusiker in der Bar „El Gallo“ in Matanzas nach einer spontanen Trommelsession auf Tischen, Theke, Geschirr, Gläsern die Band Guaguancó Matancero. Aufgrund des Erfolgs ihres Hits „Los Muñequitos“ benannten sie sich später in Los Muñequitos de Matanzas um. Inzwischen spielt die 5. Generation von Rumberos mit, das Lebensgefühl der afrokubanischen Rumba wird in den Familien weitergegeben. So ist der ehemals jüngste Tänzer der Gruppe Diasdado Ramos Cruz (aus der 2. Generation) inzwischen Direktor der Gruppe, sein Sohn Diasdado Enier Ramos Aldazabal ist erster Tänzer und Choreograph. So oft wie die Namen Ramos und Aldazabal bei den Trommlern, Tänzern und Sängern auftauchen, scheint das wirklich eine große Familie zu sein. Ihre Rumba-Spielweise zeichnet sich durch besonders herausragendem, virtuosen Trommeleinsatz aus. Der relativ monotone hypnotisierende Call-&-Responsiv-Gesang wird polyrhythmisch von Congas, Trommeln, Schlaghölzern, Ratschen, Rasseln, Glocken angetrieben (Haupsache Rhythmus). Meist steigert sich die Trommelbegleitung während der Aufführung extatisch. Zur Guaguancó-Rumba gehört auch ein nicht ganz jugendfreier Tanz bei dem Männer und Frauen Hahn und Henne verkörpern. Der Tanz gipfelt im „Impfen“ der Frau („vacunao“) mit entsprechenden Hüftbewegungen. Leider hab ich sie nur ein mal im Tanzzelt erleben können, danach hat es sich nicht wieder ergeben. Aber ich fand sie sehr beeindruckend.
Steve ’n‘ Seagulls (Finnland)
Manu war währenddessen an der Konzertbühne bei der finnischen Hardcore-Bluegrass-Band Steve ’n‘ Seagulls (W stevenseagulls.com), die ihre Coverversionen von Hardrock-Krachern von AC/DC, Metallica, Iron Maiden oder TopGun spielen, natürlich mit finnischem Humor und Bedenkenlosigkeit. Steve ’n‘ Seagulls sind: Herman (Gitarre, Banjo), Hiltunen (Akkordeon, Kantele, Mandoline, Flöte), Jamppa (Kontrabass), Remmel (Gitarre, Mandoline, Balaleika), Skubu (Schlagzeug, Perkussion). Eigentlich ganz sympathisch, aber finnisches „Musiktheater“ ist nicht so mein Ding. Auf halbem Weg von der Großen zur Konzertbühne im Heinepark waren die Beats schon so gnadenlos laut, dass ich lieber zum Tanzzelt abgeschwenkt bin.
BANTU (Nigeria)
Die 13köpfige nigerianische Band BANTU (Brotherhood Alliance Navigating Towards Unity) (W www.bantucrew.com) des Sängers Adé Bantu (eigentlich: Adegoke Odukoya, geb. in Wembley/England) sollte ab 1 Uhr den furiosen Abschluss des ersten Rudolstadt-Festivaltages 2023 geben. Die Gruppe wurde 1996 in Köln im Zusammenhang mit dem Humba-Projekt/Schäl Sick Brass Band gegründet und will die sozial- und politikkritischen nigerianischen Musiktraditionen von Fela Kuti oder King Sunny Adé in einer Fusion aus Afrobeat, Highlife, Funk, Jazz, Soul und Hiphop weiterentwickeln. Adé Bantu lebte in Nigeria und Deutschland, war 2010 wieder nach Lagos/Nigeria zurückgekehrt, um in der dortigen Musikszene was zu bewegen, z.B. mit einer monatlichen Konzertreihe und dem Musikfestival Afropolitan Vibes. Zur aktuellen BANTU-Truppe gehören neben Adé Bantu: Tunde Alabi (Schlagzeug), Abiodun Abraham Oke „Wura Samba“ (Percussion), Akin Olagunju (Talking Drums), Ope Oyewande (Trompete), Akinyanmi Akin Akinhinmola (Saxophon), Isaiah Odeyale (Posaune), Omirinlewo Korede Solomon (Gitarre), Mayowa Oshuntokun (Bass), Babajide Okegbenro (Keyboard), Damilola William, Adegoke Odukoya, Ibrahim Oyetunji und Aigbokhan Anouluwapo Martins (alle Gesang) – mit 13 Musikern nicht gerade kleine Besetzung. Im Sommer 2023 macht die Band eine Deutschland-Promoting-Tour für ihr neues Album „What Is Your Breaking Point?“ Der „Stern“ meinte: „Das nigerianische Ensemble Bantu braut einen begeisternden Groove-Cocktail zusammen – und spart auch nicht mit politischen Botschaften. Ein Worldmusic-Meisterstück.“ Ich fand das Gebräu etwas fade. Wie schon die Humba-Jecken beim Rudolstadt Festival 2022 schien mir auch BANTU zu bemüht, artig, irgendwie schaumgebremst und ziemlich langweilig. Ich hab wirklich lange in der (noch) kühlen Nacht bis zum Ende ausgehalten, zu lange…
10 Interessierte haben an dem Fotoworkshop teilgenommen, der von der GfF Thüringen organisiert wurde. Das Tänzerpaar, die zierlich-elegante Veronica Vasconcelos Da Silva und der athletisch-elegante Renaud Thomas Garros waren sehr nett und aufgeschlossen. Sie haben aus eigenem Antrieb an verschiedenen Orten Tanzfiguren dargestellt. Aber man konnte auch Wünsche äußern, welchen Hintergrund man gern hätte und wie man sich die Tanzfiguren vorstellt. An den unterschiedlichen Locations hatten sie auch unterschiedliche Kleidung an. Dadurch hatte man abwechslungsreiche Eindrücke. In der Wandelhalle, eine zum Park hin offene Säulenhalle von 1906, gab es verschiedene Möglichkeiten zu fotografieren: an den Stirnseiten in runden Apsiden, entlang der Säulenreihung und auf der runden Bühne nach außen (Parkblick) oder nach innen (wie ein Säulentempel). Bei schönstem Sonnenscheinwetter haben wir auch im Park fotografiert, Renaud hat tatsächlich einen Baum erklettert und im starken Geäst einige Posen gemacht, sie haben sich auf einer Parkbank gerekelt, auf einem Wiesenstück vor Wartburgkulisse und vor üppig blühenden Rhododendron-Büschen. Die krassen Licht-Schatten-Bedingungen bei den Außenaufnahmen fand ich aber sehr problematisch, besonders die Blütenbüsche waren mir auch viel zu wirr.
Vom Fotoclub Kontrast Suhl haben teilgenommen: Julia Didelot, Günter Giese, Manuela Hahnebach und Andreas Kuhrt. Wer noch ein paar Fotos davon zeigen möchte, kann sie mir gern senden.
Zur 13. Thüringer Landesfotoschau hab ich 6 Bilder aus den Jahren 2020-22 eingereicht:
Nordwärts (Beitostølen, Norwegen, 2020), zur Ausstellung angenommen Geburtstag auf der Ursprungalm (bei Rein in Taufers, Südtirol, Italien, 2021) Im Ziel nach 65 km (Anna Jansen nach dem Zieleinlauf, Dritte beim 65-km-Heldentrail, Südthüringentrail 2021) Kabelsalat (Gitarrist Markus Rom, Oh Noh No, Rudolstadt-Festival 2022) Versunken (slowakische Geigerin Petra Onderuf, Wild Strings Trio, Rudolstadt-Festival 2022) Da braut sich was zusammen (am Strand von Ristna, Insel Hiiumaa, Estland, 2022)
Noch in der Vorauswahl, aber nicht eingereicht: Unwetter (Leutasch 2020) Verborgen (Gartenbilder 2020) Moment der Ruhe (Petra Onderuf, Wild Strings Trio, Rudolstadt-Festival 2022) Entfaltung (Gartenbilder 2022) Serie: Stapelbar (St. Johanniskirche, Schweinfurt 2022)
Ausrichter: Fotoclubs Suhl und Themar
Organisiert wird der Landesfotoschau-Wettbewerb und die folgenden Ausstellungen von der GfF Thüringen. Die ausrichtenden Fotoclubs Kontrast Suhl und Themar kümmern sich um die konkrete Realisierung des Wettbewerbs und der Initial-Ausstellung. Der Fotoclub Themar hat die Annahme und Registrierung der Einsendungen und die Durchführung der Jurierung am 14.01.2023 im Schützenhaus Themar übernommen (einige Suhler Fotoclub-Kontrast-Mitglieder waren als Helfer dabei). Bei der Jurierung wurden die Wettbewerbs-Sieger (Einzelfotos und Serien) und die etwa 80 Ausstellungsbilder festgelegt. Der Fotoclub Kontrast Suhl hatte dann die Aufgabe, die Bilder präsentationsfertig mit (Schrägschnitt-)Passepartouts zu versehen. In einer gemeinsamen Aktion der beiden Fotoclubs mit dem Aussteller Hennebergisches Museum Kloster Veßra wurden die Bilder gerahmt und die Ausstellung aufgebaut. Die Bilder werden im KunstRaum im Alten Pferdestall und in der Landmaschinen-Ausstellungshalle zu sehen sein.
Für die Ausstellungen habe ich die Einladungskarten und weitere Drucksachen gestaltet: design.akut.zone/…
05.03.-21.05.2023 13. Landesfotoschau Thüringens im Museum Kloster Veßra
Eröffnung 05.03.2023 11 Uhr Torkirche | Hennebergisches Museum Kloster Veßra | Anger 35
Der erste Ausstellungsort wird das Hennebergische Museum Kloster Veßra sein. Die Bilder sollen im KunstRaum und in der Ausstellungshalle (Landmaschinen-Halle) zu sehen sein. Die Eröffnung der Ausstellung ist am 5. März 2023 ab 11 Uhr in der Torkirche des Museums Kloster Veßra. Für die Einsender zum Landefotoschau-Wettbewerb (+ eine Begleitperson) ist der Eintritt zur Eröffnung bei Vorlage der Einladungskarte frei. Danach ist die 13. Landesfotoschau zu den Öffnungszeiten des Museums mit einer regulären Museums-Eintrittskarte zu sehen (für Wettbewerbs-Teilnehmer gelten evtl. Sonderbedingungen).
Die Thüringer Landesfotoschau ist eine Wanderausstellung, die an verschiedenen Orten in Thüringen zu sehen sein wird:
05.03.-21.05.2023 Hennebergisches Museum Kloster Veßra 30.05.-25.08.2023 Ernst-Abbe-Hochschule Jena 11.09.-29.10.2023 Schlossmuseum Sondershausen 20.01.-23.03.2024 Haus Dacheröden Erfurt 30.06.-01.09.2024 Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg
Presse: www.insuedthueringen.de/… Freies Wort: Kloster Veßra plant vielfältiges Programm (Cornell Hoppe, 07.02.2023) www.insuedthueringen.de/… Freies Wort: Landesfotoschau: Die Vorbereitungen sind abgeschlossen (Cornell Hoppe, 27.02.2023)
Unser Urlaubsziel Estland ist etwas kurios-spontan entstanden. Eigentlich wollten wir ja ein Stück auf dem Alpe-Adria-Trail wandern. Dann gabs aber Nachrichten von überfüllten Alpenhütten und sauteurem Bier: da war ich raus. Ich erinnerte mich an eine tolle Band beim Rudolstadt-Festival 2022: Trad.Attack! aus Estland. Beim Umherforschen über die Musiker Sandra und Jalmar Vabarna + Tõnu Tubli hatte ich rausgefunden, dass Sandra Vabarna und ihre Mutter Ene Sillamaa bei Viljandi in Estland den alten Bauernhof Männiku Metsatalu (Kiefernwald-Hof) als Ferienunterkunft betreiben. Nach ein paar E-Mails hin und her (ich hoffte, dass die Google-Übersetzungen ins Estnische verständlich waren) sind wir zwei Wochen später mit der Fähre Stena Nordica in 20 Stunden von Travemünde über die Ostsee nach Liepāja in Lettland geschippert (etwa 700 km).
Lettland
Nach einer Nacht auf dem schön-einsamen Zeltplatz Rūgumi direkt an der Ostseeküste 14 km nördlich von Liepāja (Lichtjahre von Mecklenburger Ostsee-Zeltplätzen entfernt) mussten wir noch gut 400 km nach Südestland fahren. Zwischendurch waren wir noch in Riga: gefällt mir nicht so: laut, verkehrsreich und etwas zusammengewürfelt, der Dom ist eindrucksvoll und die Uferpromenade an der Daugava (Düna) ganz nett.
Viljandi
Unsere Ferienunterkunft für die erste Woche, Männiku Metsatalu (Kiefernwald-Hof | www.metsatalu.ee) ist ein einsam auf einer Waldlichtung gelegener Bauernhof mit einigen historischen Holzhäusern, die von den Betreibern (Sandra Vabarna und ihre Mutter Ene Sillamaa) liebevoll restauriert und eingerichtet wurden. Wir hatten eine kleine Ferienwohnung in der „Bauernsuite“, ein Holzblockhaus mit irgendwie musealer Einrichtung. Im Nachbarzimmer stand ein alter Handwebstuhl.
Da kann man gleich drei estnische Leidenschaften anmerken: Weben, Chor-Singen und Schaukeln. Weben: Estland ist berühmt für die vielfältigen und speziellen Web- und Strickmuster. Schaukeln (Kiiking: Schwingen): fast überall gibt es riesige Schaukeln für etwa 10 Leute für regelrechte Schaukelwettbewerbe oder wenigstens aufgehängte Schaukelbänke. Singen: jeder Ort, der etwas auf sich hält, hat eine öffentliche Gesangsarena, eine Art Odeon für Chorfestspiele.
Natürlich gibts so eine Gesangsarena auch in der Kleinstadt Viljandi (etwa 17200 Einwohner, deutsch: Fellin, ehemalige Hansestadt), wo wir zuerst waren. Viljandi hat nämlich die Fakultät für traditionelle Musik der Universität Tartu. Und da haben auch die drei Trad.Attack!-Musiker studiert. Viljandi ist es eine hübsche Stadt mit noch vielen Holzhäusern (die teilweise auf die Renovierung warten), vier Kirchen, viel Grün und einer Ruine der einst mächtigen Deutschorden-Burg Fellin (ab 1224 erbaut, Herrschersitz der deutschen Kreuzritter, Moskoviter, Polen und Schweden). Bemerkenswert waren noch Begegnungen im sehr empfehlenswerten Café Roheline Maja (Grünes Haus), wo sich gleich ein Gast als deutsch-estnischer Übersetzer angeboten hat. Das war ein deutscher Musik-Hochschullehrer in Viljandi und Riga (Christoph Felix Schulz aus Münster, glaub ich, der u.a. auch die Musiker von Trad.Attack! unterrichtet hatte). Eine zweite nette Bekanntschaft war Hela (die Schwester des Café-Besitzers), die lange Zeit in Deutschland gelebt hatte und nun wieder zuhause in Viljandi wohnt und jede Gelegenheit zum Deutsch-Sprechen nutzt. Sie hat uns auch gleich sehr herzlich in ihre kleine Wohnung nebenan eingeladen und ihre Malereien gezeigt. Nach einer Stunde kannten wir fast ihr ganzes bewegtes Leben.
Heimtali
Am nächsten Tag haben wir eine Fahrradtour durch die ziemlich flache Wald- und Seenlandschaft Estlands gemacht (Estlands höchster Berg ist mit 318 m der Suur Munamägi = Großer Eierberg ganz im Südosten, wo wir nicht waren). Schließlich sind wir zum Heimtali-Museum gekommen, ohne zu wissen, was es ist. Das war ursprünglich eine kleine Dorfschule, die in den 1980er Jahren als Heimat-Museum eingerichtet wurde. In den 1990er Jahren wurde es Textilmuseum der Sammlung von Anu Raud, der berühmtesten estnischen Textilkünstlerin. Es gibt alles aus Schafwolle: am estländische Wollhandschuh-Muster kann man die Herkunft des Trägers erkennen, sie sehen klasse aus, kratzen aber auch ganz schön. Webmuster geben Auskunft über die regionale Herkunft. Die kleine Insel Kihnu ist der Hotspot der Weberei. Die Streifenmuster der Röcke haben einen Farbcode: viel Rot = jung und gesund, mehr dunkel = älter oder in Trauer. Und in einem Spielzimmer waren gestrickten Spieltiere von Anu Raud versammelt. Manu hatte erst am Tag vorher ein Strickmuster-Wälzer von Anu Raud gekauft: und hier gabs das Alles zum Anfassen (mit Handschuhen wegen der Motten). Inzwischen gehört das Heimtali-Museum zum estnischen Nationalmuseum (in Tartu).
Soomaa
Estland ist ein Naturland: die Hälfte der Fläche ist mit Wald bedeckt (45 227 km²). Weitere 20 % sind Moore, die meist als Nationalparks geschützt sind. Allein der Soomaa-Nationalpark (Soomaa heißt einfach Moorland) mit 5 großen Mooren erstreckt sich über eine Fläche von etwa 15 x 10 km. Das ist mal Weite: bis zum Horizont Moorwiesen, die mit kleinen Kiefern gesprenkelt sind, und Moorseen. Die Wanderwege sind mit Bohlenstegen erschlossen, an den Seen gibts kleine Picknick- und Badeplätze und wer mag, kann mit Mooschuhen quermoorein gehen (bei uns alles undenkbar). Wir waren im Kuresoo (Storch-Sumpf) und Riisa-Moor. Der Wanderweg am Raudna jõgi (Raudna-Fluss, Nebenfluss der Halliste) war im September nicht so spannend. Aber zum Frühjahrs-Schneeschmelze ist dieses Gebiet für die Überschwemmungen bekannt, so dass die Dörfer und Gehöfte nur noch mit Booten erreicht werden können (es gibt hier noch traditionelle Einbaum-Bootsbauer).
Tartu
Einen Tagesausflug haben wir nach Tartu gemacht (80 km östlich von Viljandi): mit knapp 100000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt nach der Hauptstadt Tallinn. Tartu hat die erste, größte und älteste Universität Estlands mit etwa 14000 Studenten: 1632 unter Gustav II. Adolf von Schweden in der damaligen Hansestadt Dorpat gegründet. Zur Uni gehört noch ein botanischer Garten, der ganz hübsch ist. Tartu wirkt eher gemütlich, aber auch jung und ein bisschen cool: wo gibts sonst noch einen Brunnen mit „Küssenden Studenten“ auf dem Marktplatz (Bildhauer: Mati Karmin, 1998). Das Freizeit-Forschungs-Zentrum AHHAA schien ganz interessant. Wir sind allerdings nur bis zum Riesenstuhl und -tisch gekommen, an dem man sich wie ein Kind fühlen kann: alles ist zu groß und kaum erreichbar. Es gibt viele Studentenkneipen (z.B. Genialistide Klubi: Club der Genies) und den Szenehof Kastani 42 mit Kneipen, Galerien, Clubs und einer Whisky-Manufaktur. Aber der Hammer ist das 2016 fertiggestellte neue Estnische Nationalmuseum: ein 15 m hoher, 70 m breiter, 355 m langer Glaskasten, der in die Landebahn des ehemaligen russischen Bomber-Militärflugplatzes Raadi hineingebaut wurde (Architekten: Dorell.Ghotmeh.Tane, Paris). Das sollte erst woanders, an einem repräsentativeren Platz gebaut werden, aber die Architekten wollten es unbedingt so, als Zeichen der Aufarbeitung des estnischen Traumas der russischen Besetzung und der Wiederaneignung der estnischen Identität.
Kuremäe
Unsere Estland-Rundfahrt führte uns weiter nach Nordosten am riesigen Peipussee entlang (etwa 75 x 35 km groß), die Grenze zu Russland. Die Ufer sind erstaunlich unverbaut und kaum genutzt: ein paar einfache Campingplätze und Dorf-Strände, das wars. Unser Ziel war das größte aktive Kloster Estlands: das russisch-orthodoxe Nonnenkloster Maria Himmelfahrt in Kuremäe (1891 gegründet) in Nordestland (nur rund 20 km von der russischen Grenze entfernt). Ein Reiseführer-Bild hatte uns auf die Spur gebracht. Auf dem eindrucksvollen Klostergelände mit etwa 20 Häusern und einer großen Kathedrale der Himmelfahrt der Jungfrau Maria leben etwa 100 Nonnen und Novizinnen. Das Klostergelände ist zwar ummauert und wirkt mit den Tortürmen wie eine Burg, aber durch eine Pforte frei zugänglich. Und man kann nach Belieben umherstreifen und den Nonnen beim Klosterleben zusehen. Die meisten Klostergebäude sind zwar nur mit Führung zugänglich, aber die Kathedrale ist für Besucher offen (für Frauen natürlich wieder nur in Vollverkleidung: langer Rock, bedeckte Arme, Kopftuch). Fotografiert werden mögen die Nonnen nicht so und gehen den Besuchern lieber aus dem Weg. Aber man kann auch in der Pilgerherberge übernachten.
Tallinn
Abends sind wir noch ins 185 km entfernte Tallinn gefahren: die Hauptstadt Estlands (etwa 435000 Einwohner) am Finnischen Meerbusen (davon hatte ich mir mehr versprochen, aber es ist einfach nur Wasser). Dort mussten wir uns erst mal eine bezahlbare Bleibe suchen: das Hotel Citybox und Parkplätze sind nur online buchbar. Im Hafengelände wird gerade auf Teufel-komm-raus alles umgekrempelt und hip-neu bebaut: schöne neue Geschäfts-Welt. Aber Tallinn hat auch eine wunderbar erhaltene mittelalterlich Altstadt (UNESCO-Weltkulturerbe). Tallinn wurde im 11. Jahrhundert als estnischer Handelsplatz am Meer und Burg auf dem Domberg Toompea gegründet, 1219 von Dänen und später deutschen Schwertbrüderorden und Kreuzrittern erobert und als Hansestadt Reval ausgebaut. Im alten Stadtkern innerhalb der Stadtmauer kann man sich einfach treiben lassen und in den alten Gassen auf Entdeckungsreise gehen. Sehenswürdigkeiten, Kirchen, Museen, Galerien, Gaststätten, Geschäfte gibts jede Menge.
Hiiumaa
Aber eineinhalb Tage haben uns gereicht. Wir wollten wieder nach Estland: unsere Gastgeberin in Männiku Metsatalu meinte, Tallinn ist nicht Estland, Tallinn ist eine Großstadt. In der verbleibenden Zeit wollten wir die großen Ostseeinseln Hiiumaa und Saaremaa in Westestland besuchen. Da kann man mit Autofähren hinfahren, sie lassen sich aber auch hervorragend mit Fahrradtouren erkunden: kleine nette Orte, viel Wald, endlose Strände und idyllische RMK-Campingplätze. Das sind Campingplätze in schöner landschaftlicher Lage, die von der nationalen estnischen Forstbehörde bewirtschaftet werden. Diese Campingplätze sind tatsächlich kostenlos. Es gibt immer einige Grill-/Feuerstellen (mit schwenkbarem Rost), überdachte Picknicktische, einen Holzvorrat, ein Trockenklo und Abfallcontainer: fertig ist das Camperglück. Auf den beiden Inseln sind wir nach touristischen Wegweisern Fahrrad gefahren oder gewandert. Ein Ziel war dabei, die schönsten Leuchttürme zu „sammeln“. Leider hatten wir dafür nur noch 5 Tage Zeit und mussten uns dann schweren Herzens losreißen und losreisen.
Zur zweitgrößten Insel Hiiumaa (etwa 55 x 45 km) kommt man vom Hafen Rohuküla (etwa 100 km südwestlich von Tallinn). Mit der Autofähre fährt man in 1,5 Stunden die etwa 21 km über die Ostsee-Meerenge Väinameri (das heißt: Meerenge, wer hätte das gedacht) nach Heltermaa auf Hiiumaa (die Endung …maa bedeutet …land, Hiiumaa müßte demnach Halloland (?) heißen). Auf Hiiumaa hatten wir uns den RMK-Campingplatz Palli auf der westlichen Halbinsel Kõpu ausgesucht: ziemlich abgelegen, ruhig, mit etwas Sandstrand nach Nordwesten (wegen der romantischen Sonnenuntergänge, hat auch gut geklappt). Von Palli aus konnte man die Kõpu-Halbinsel gut mit dem Fahrrad erkunden. In der Mitte der etwa 20 x 5 km großen Halbinsel steht am höchsten Punkt der Kõpu tuletorn (Leuchtturm): der drittälteste noch betriebene Leuchtturm der Welt: 1505-31 auf Betreiben der Hanse erbaut. Mit 103 m üNN (67 m hoher Hügel Tornimägi + 36 m hoher Turm) ist es auch eines der höchsten Leuchtfeuer an der Ostsee. Eines unserer „Hobbys“ auf den estnischen Inseln war das „Leuchtturm-Sammeln“: wir wussten inzwischen, dass es dort viele spezielle und sehenswerte Leuchttürme gibt. 10 km weiter westwärts an der Küste gabs den Ristna-Leuchtturm: eine gusseiserne Konstruktion, die im russischen Auftrag 1873 in Paris angefertigt und 1874 auf Hiumaa montiert wurde (30 m hoch). Er dient der Eiswarnung auf der vielbefahrenen Schifffahrtsroute zwischen Estland, Finnland und Schweden. Auf dem Campingplatz Palli haben wir auch noch Walter (und Frau und Hund) aus Regen/Zwiesel kennengelernt: einen Motorrad- und Caravan-Weltenbummler, der früher weltweit Rotel-Reisebusse gefahren hat. Über seine Reisen und seine Karriere als Skiläufer und -lehrer hat er uns beim Lagerfeuer und einigen Flaschen/Packs Wein spannende, fast unglaubliche Geschichten erzählt. OK, die nächste Nacht war nicht ganz so idyllisch, wenn am Wochenende ein Dutzend Einheimische mit Partyzelt, Dieselgenerator und Lautsprecherboxen anrücken. Aber wir wollten danach sowieso weiter. Ganz an der Nordspitze von Hiiumaa gibts noch einen alten gusseisernen Leuchtturm Tahkuna, der auch 1871 von der damaligen russischen Regierung Estlands in Auftrag, 1873 gebaut und 1875 montiert wurde (wie Ristna, nur größer: 43 m). An der nördlichen Hiiumaa-Landspitze Tahkuna gibts aber auch noch ein Denkmal: ein schräges Eisengestänge, in dem eine kleine Glocke an einem Pendelbalken aufgehängt ist (bei starkem Wind soll die Glocke von allein läuten). Das Denkmal stammt wieder (wie das küssende Studentenpaar in Tartu vom Bildhauer Mati Karmin) und ist den Kindern gewidmet, die beim Estonia-Schiffsunglück 1994 ums Leben kamen. Am 28.09.1994 ist die Fähre „Estonia“ bei der Überfahrt von Tallinn nach Stockholm bei stürmischer See im Finnischen Meerbusen zwischen Hiiumaa und Südfinnland nach Wassereinbruch gesunken. 852 Menschen sind ertrunken oder im kalten Wasser erfroren (nur 137 konnten gerettet werden). Von 15 Kindern (unter 15 Jahren) an Bord überlebte nur ein einziger Junge. Tahkuna an der nördlichsten Spitze von Hiiuma ist in Estland der Unglücksstelle in der Ostsee vor der finnischen Insel Utö am nächsten, etwa 60 km entfernt.
Am nächsten Tag wollten wir noch auf die südliche Nachbarinsel Saaremaa. Dazu kann man vom kleinen Hafen Sõru im Süden von Hiiumaa mit der Fähre nach Triigi im Norden Saaremaas übersetzen. Um schon etwas näher am Hafenort zu sein, wollten wir uns einen Zeltplatz im Süden von Hiiumaa suchen. Dabei kamen wir durch das Dorf Käina (mit etwa 700 Einwohnern der zweitgrößte Ort auf Hiiumaa). Auffällig war dort ein Gebäude mit einer Art Blechzungen-Stachelfassade, das ich zuerst wegen der Form für eine „neumodische“ Kirche gehalten hab. Die vorgehängte Blechfassade besteht aus freigestanzten Blechzungen, die unterschiedlich aufgebogen wurden: das macht einen auffällig-merkwürdigen stacheligen Eindruck. Es ist das 2020 gebaute Erlebniszentrum Tuuletorn (Windturm, auch als Karottenreibe bezeichnet): darin gibts u.a. die höchste Indoor-Kletterwand des Baltikums (in einem 700-Einwohner-Dorf!) An der Küste südlich von Käina haben wir dann auch noch den schönen RMK-Campingplatz Sääretirbi (Schienbein) gefunden: wenn Hiiumaa im September schon sehr ruhig ist, ist man auf der Landzunge Sääre tirp noch mal einen Zacken alleiner, also völlig einsam. Der Schienbein-Name hat seinen Grund: Sääre tirp ist eine etwa 2 km lange Landzunge aus Kieselsteinen, die sich von anfangs etwa 75 m Breite auf einen Fußbreit verengt, bevor sie im Meer verschwindet, krass.
Saaremaa
Am nächsten Tag sind wir vom dörflich-beschaulichen Häfchen Sõru mit der Fähre zur Nachbarinsel Saaremaa rübergefahren. Saaremaa heißt schlicht Inselland (die Esten scheinen mit ihrer Namensgebung sehr pragmatisch zu sein) und ist mit etwa 95 x 45 km Ausdehnung die größte estnische Insel. Inzwischen wussten wir ja, dass man auf den RMK-Campingplätzen immer gut unterkommt. Wir haben uns wieder einen Platz möglichst im Westen mit Blick zum Sonnenuntergang gesucht. Saaremaa ist aber nicht ganz so übersichtlich wie die Insel Hiiumaa. Deshalb sind wir erst mal nur bis zur Tagalaht-Bucht gekommen (heißt sowas wie „hinterer Schacht/Hinterhof“), also die letzte Inselbucht vor dem offenen Meer. An der kilometerlagen Sandpiste im Osten der Bucht gabs drei RMK-Plätze, den zweiten haben wir genommen. Mitten im Kiefernwald-Nirgendwo der Abula-Gegend gabs eigentlich keine Camper, außer den Weltenbummler Walter aus Regen/Zwiesel/Bayern mit Frau und Hund in ihrem Caravan, mit dem wir schon im RMK-Camp Palli (vor drei Nächten) eine weinselige Geschichten-Nacht erlebt haben (er war weltweiter Rotel-Reisen-Fahrer, bayerischer Skifahrer und -lehrer, Island-Motorrad-Durchquerer und was weiß ich nicht noch alles… (schönen Gruß aus Suhl, Danke für die interessanten Geschichten). Auf Saaremaa haben wir in unseren letzten beiden Urlaubstagen erst mal den nördlichen Vilsandi-Nationalpark erwandert: eine einfache 10-km-Küstenwanderung: viele Pilze, viel Sandstrand, der schiefe Leuchtturm von Kiipasaare (durch Sturmfluten „entstrandet“ und abgekippt). Unser letzter Zeltplatz in Saaremaa/Estland war noch ein bisschen weiter südlich bei Käkisilma an der Westküste von Saaremaa (wegen der Sonnenuntergänge), aber eben nicht richtig draußen, weil man mit dem Auto nicht weiter kam. Dieser Campingplatz liegt sozusagen „am Arsch der Saaremaa-Welt“, weiter geht es nicht mehr. Dachte ich, bis ich Nachts ein Stück des Vilsandi-Wanderwegs erkunden wollte: nach 250 m stand ich plötzlich im Wasser. Also: der Wanderweg zur Insel/Dorf Vilsandi führt über rund 5 km schon da lang, aber dazwischen sind 6 mehr oder weniger tiefe und lange Wasserdurchquerungen (ohne Brücken): also eine echte „Wasserwanderung“. Aber leider war unsere Estland-Exkursion nach 2 Wochen schon zu Ende und wir mussten am nächsten Tag zurück zur Fähre nach Liepāja in Lettland. Eine Insel-Fähre brachte uns vom Hafen Kuivastu ins 7 km entfernte Dorf Virtsu auf dem estnischen Festland. Von da…
Zurück
sind wir mit einen Zwischen-Mahlzeit-Besichtigungs-Stopp in der Ostsee-Kurstadt Pärnu in einem „Ritt“ zurück nach Liepāja gefahren. Höhepunkte der Fähr-Rückfahrt nach Travemünde war ein spendiertes Stück Kuchen zum 60jährigen Betriebsjubiläum der Fährgesellschaft Stena und ein kleiner Tornado auf dem Meer vor Rügen. Schade: Urlaub schon wieder rum, aber interessant, erlebnisreich, oft überraschend und schön wars in Estland.