Rudolstadt Festival 2019 1 2 3 4
06.07.2019 Kontrastprogramm zwischen Norwegen und Australien in Rudolstadt
Gnawa-Trance: Jil Gnawa
Gnawa sind in Marokko (und anderen nordafrikanischen Ländern) die Nachfahren schwarzafrikanischer Sklaven aus dem mittelalterlichen Reich Ghana/Wagadu (Mali) in Westafrika südlich der Sahara. Die Gnawa-Bruderschaft hat ihre eigene traditionelle Religion, Kultur und rhythmusbetonte zeremonielle Musik: eine islamische Strömung mit vorislamisch-schwarzafrikanischen Einflüssen. Gnawa-Musik hat durch ständige abgewandelte Wiederholung eine tranceartige Wirkung, die für Reinigungs- und Heilungszeremonien benutzt wird (wie bei den Sufis gibt es auch Drehtänze und Kopfschleudern). Maâlem (Gnawa Meister) Moulay Mohamed Khabba (aus Essaouira/Marokko) hat die Gruppe Jil Gnawa (www.facebook.com/…) gegründet, um die spirituellen, kulturellen und Musiktraditionen der Gnawa bekannt zu machen und aufrecht zu erhalten. Die Hafenstadt Essaouira ist ein Zentrum der Gnawas in Marokko, in der jedes Jahr das große Gnaoua-Festival-D’Essaouira stattfindet. Mohamed Khabba spielt die Gimbri/Gembri, eine urtümliche mit Kamelhaut bespannte Holzkasten-Basslaute mit 3 Saiten (Urbass), die einen sonoren, monotonen, aber abgewandelten Grundsound liefert. Als Rhythmusinstrumente werden die Fasstrommel Tbal und die Metallblechklapper Qarqaba/Qraqebs oder Händeklatschen verwendet, um darüber eine sich ständig wiederholende treibende Struktur zu legen. Dazu kommt noch typischer Call-and-Response-Gesang wie Vor- und Nachbeter. Alles zusammen ergibt einen Trancesound, der einen irgendwie aufsaugt und abdriften lässt. In Rudolstadt traten neben Mohamed Khabba noch Mustapha Soukab (beide leben in Frankreich), Zakaria Izoubaz (Heddesheim), Rabii Rezgaoui (Bad Salzufelen) und Mohcine Ramdan (München) auf, also eher eine französisch-deutsche Koproduktion aus Jil Gnawa und Gnawa-Deutschland (www.facebook.com/…) Zakaria Izoubaz (bekannt für seine hohen Tanzsprünge) ist am Sonnabend aber erst zum Programmende aufgetaucht, weil er zum Zahnarzt musste (wenn ich das richtig verstanden hab), hat aber trotzdem noch ein kleine Tanzeinlage vorgeführt. Insgesamt fand ich den Auftritt aber etwas „lasch“, vielleicht war es Mittags um 1 zu früh für Gnawa-Rituale.
Straßenmusik-Driften in der Rudolinnenstadt
Weil im Heinepark erst mal nix los war, sind wir mal in die Rudolinnenstadt gegangen, um dort ein bisschen Festivalatmosphäre zu tanken. Unterwegs sind beim Blick von der Elisabethbrücke zwei orange Schlauchboote auf der Saale aufgefallen: die gehörten zur Aktion „Seenotrettung ist nie kriminell“ aus Protest gegen die Anklage der Sea-Watch-3-Kapitänin Carola Rackete in Italien, die im Juni 2019 Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot aufgenommen und trotz Hafensperrung nach Lampedusa gebracht hatte. Daraufhin wurde sie verhaftet und angeklagt, die Anklage wurde später abgewiesen.
Am Güntherbrunnen war wieder Doontki (www.facebook.com/…) mit handgemachtem spacigen Minimaltrance am Werk: Grzgorz Kot aus Kraków/Polen an Gitarre/Elektrik und der Bartli-Serbe Goran Dimitrijevski (nennt sich auch Odin) als Trommler/Percussion. In gewisser Weise die Fortsetzung des Gnawa mit anderen Mitteln: Grzgorz Kot spielt, sampelt und webt einen hypnotisierenden Gitarrensound, über den Goran Dimitrijevski einen treibenden Percussion-Rhythmus legt. Könnt‘ ich stundenlang zuhören…
Gleich neben Doontki gabs auch noch eine interessante Straßenmusikerin: Susana Silva (www.facebook.com/… | www.reverbnation.com/…), eine portugiesische Singer-Songwrighterin aus London. Sie singt (tolle Stimme) und spielt ziemlich beeindruckend und intensiv Songs irgendwo zwischen Janis Joplin, Chanson, Jazz, Soul, Blues, Folk und Rock. Beeindruckend ist auch ihre Geschichte (Vorsicht, ist alles nur gefährliches Halbwissen aus dem Internetz): sie war als 19jährige eine gesangsbegabte Fischverkäuferin in Porto, wurde 2004 bei einem TV-Gesangswettbewerb als „Daniela deixou a peixaria“ (Daniela verläßt die Fischtheke) bekannt. Sie fing dann ein Webdesign-Studium an, was sie aber abgebrochen hat. Sie wollte unbedingt nach London, spielte dort als Straßenmusikerin und jobbte als Bedienung in einem Coffeeshop, wo sie auch ein Zimmer hatte. Als sie mal von einem Heimaturlaub zurückkam, gabs den Coffeeshop nicht mehr, der Besitzer war mit ihren Sachen verschwunden und sie wurde obdachlos. Sie hatte kein Einkommen und lebte kurzzeitig unter einer Themsebrücke in South Bank. Neben Gelegenheitsjobs trat sie mit einer geschenkten Gitarre weiter als Straßenmusikerin auf. Sie wurde bekannter und erspielte sich ihren Lebensunterhalt, so dass sie sich wieder eine Wohnung leisten konnte. Inzwischen ist sie eine anerkannte Musikerin, hat eigene Songs selbst (ohne Label) veröffentlicht (Words Of Power). Sie ist unabhängig von der Musikindustrie und macht Straßenmusik-Touren „Susana Silva On The Road“ durch Europa, tritt bei Festivals und in Clubs auf.
Und dann war da am Güntherbrunnen auch noch die Jazzmaschine (www.jazzmaschine.de) von Michael Winkler und Stefan Albrecht aus Dresden: ein zweistöckiger Schrottwagen aus alten Industrieteilen, der oben eine Auftrittsplattform für eine Brassband bietet und im Unterdeck einen Schlagzeuger gefangen hält. Ein bisschen Gaudi halt, wer’s mag…
Am Marktplatz war noch ein cooles Ein-Mann-Soundsystem Señor Marküsen (www.facebook.com/…): Marcos Andreu-Gasol (Multiinstrumentalist und Architekt) aus Barcelona/Berlin auf seiner Musikmaschine aktiv: Didgeridoo, Kinderorgel und allerhand Percussion. Seit 2011 tourt er mit seiner Show SoLo als Straßenmusiker durch Europa. Die Akustik-Electronic-Dance-Fusion hat jedenfalls ein begeistertes Publikum gefunden samt einiger ziemlich außerirdischer Elfen…
Noch mehr Straßenmusik kann man in der Marktstraße immer finden: z.B. Alexander Strenge (www.facebook.com/…), studierte Jazzgitarre in Leipzig und tourt bei Gelegenheit solo oder mit der 3-Mann-Band The Coins (www.facebook.com/…) durch die Gegend. Alexander Strenge fällt durch absolut gekonnt-fingerfertig gespielte Fingerstyle-Akustikgitarre mit intensiv-einfühlsam gespielten Stücken auf. Gleich nebenan war ein Folker-Paar (den Namen hab ich bisher nicht herausbekommen) mit Hang und Geige, die auch ziemlich gut gespielt haben. Eigentlich konnte man alle paar Meter stehen bleiben und tolle handgemachte Musik erleben.
Kurzbesuch bei Ruth: The Sephardics
Die andere von uns beiden war derweil auf der Heidecksburg zur Ruth-Preisverleihung gucken: von den Förderpreisträgern 2019 gibt es ein paar Eindrücke: The Sephardics (www.sephardics.de) bewahren, interpretieren und erneuern die Musik der Sephardim/Sepharden (Nachfahren der spanischen Juden, die im 15. Jh. vertrieben wurden). „Das Quartett (aus NRW) interpretiert das spanisch-jüdische Erbe ebenso geschmackvoll wie innovativ. Kraftvolle Jazz-Rock-Instrumentalpassagen stehen neben eindringlich gesungenen Liedern…“ (steht in der Ruth-Jury-Begründung). Die multitalentierte und -interessierte Theaterwissenschaftlerin / Kulturmanagerin / Performerin / Komponistin / Musikerin / Sängerin Manuela Weichenrieder aus Monheim/jetzt Bremen (www.manuelaweichenrieder.de) hängt sich jedenfalls als Frontfrau voll rein.
Jazz statt Schmäh: Kurdophone aus Wien
Kurdophone (kurdophone.com | www.facebook.com/…) ist eine Weltmusikgruppe aus Wien, die kurdisch-iranische traditionelle Musik modern-jazzig interpretiert. Wahrscheinlich haben sie sich an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst kennengelernt, an der sie alle irgendwann studierten. Omid Darvish, kurdischer Sänger und Tanbur-Spieler (traditionelle persische Langhalslaute) aus Teheran/Iran, hat die Gruppe 2017 gegründet. Sarvin Hazin stammt auch aus Teheran, hat an der Uni Teheran – Schule für bildende Künste und Musik Geige studiert, war Geigerin im Iranischen Nationalorchester, Teheran Philharmonie und Persischen Kammerorchester. Sie spielt bei Kurdophone die persische Stachelgeige Kamanche. Helene Glüxam ist eingeborene Wienerin, studierte Popmusik, spielt Cello, E-Bass, Kontrabass, aber auch Klarinette und Saxofon. Sebastian Simsa ist ein Wiener Schlagzeuger (studierte an der Privatuniversität Wien für Musik und Kunst und natürlich an der Musik-Uni Wien), hat auch noch eine eigene Folk-Jazz-Band Simsa Fünf. Amir Abbas Ahmadi aus Ahwaz/Iran studierte ursprünglich Maschinenbau, lernte aber auch Klavier und Komposition, studierte später Musik an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Er spielt sowohl Klassik, Jazz und Weltmusik, u.a. beim Pop Up Collective Wien (PUC) bei der Tanzperformance „Bauhaus tanzt“ (nach dem Triadischen Ballett von Oskar Schlemmer). Leider war ich nicht dabei, bei dem Ballett nicht und bei Kurdophone auch nicht. Es hätte mir bestimmt gut gefallen, schon wegen Sarvin Hazin…
Jimi lebt – mit Madagaskar-Diva und Gitarren-Hero: Supertrio Toko Telo
Das Trio Toko Telo (www.toko-telo.com | www.facebook.com/…) wird oft als Supergroup Madagaskars bezeichnet, weil es die bedeutendsten Musiker (ihres Fachs) der Insel vereint: Monika Njava: die bekannteste Sängerin, D’Gary: der Gitarren-Hero der Insel und (ursprünglich) Régis Gizavo als legendärer Akkordeonist. Régis Gizavo ist aber 2017 plötzlichg gestorben. Als Verstärkung des übrig gebliebenen Duos wurde der junge „Wunder“-Gitarrist Joël Rabesolo (www.facebook.com/…) aufgenommen (der auch sonst schon mit Monika Njava zusammengearbeitet hat). Das Wunder: Jimi Hendrix lebt!? Er sieht so aus, er spielt meisterhaft und das mit Links… Nur ein kleines Detail macht den Unterschied: Joël Rabesolo spielt Rechtshändergitarren praktisch links herum (während sich Jimi offensichtlich Linkshändergitarren leisten konnte). Als 8jähriger hat Joël Rabesolo aus Antsirabe/Madagaskar selbstständig Kabosy-Spielen gelernt (das sind ganz einfache volkstümliche traditionelle Holzkastengitarren in Madagaskar) und ist später auf „richtige“ Gitarre umgestiegen. Er zeichnet sich durch einzigartige, originelle, kreative, sensible Spielweise aus. Inzwischen studiert er Jazzgitarre am Königlichen Konservatorium in Brüssel/Belgien und hat mit seinem „Lehrer“ Fabien Degryse ein Jazzgitarrenduo gegründet. Ein anderer Fingerstyle-Gitarren-Hero der „alten Schule“ ist D’Gary (Ernest Randrianasolo aus Antanarivo) (www.facebook.com/… | worldmusiccentral.org/…): lernte auch schon als Kind Gitarre spielen, spielt seit über 40 Jahren als Musiker in Gruppen (meistens auf ausgeliehenen Instrumenten) und ist inzwischen der versierteste, angesehenste Gitarrenspieler Madagaskars. Wenn er solo spielt, kann man seine unglaubliche Fingerfertigkeit und traumwandlerische verinnerlichte Souveränität erst richtig erkennen. Er kann irgendwie mehrere Melodien gleichzeitig spielen und auch den Klang anderer traditioneller madagassischer Instrumente auf der Gitarre imitieren (z.B. das Nationalinstrument Valiha/Bambuszither). Sein Spiel ist komplex, perlend fließend und harmonisch. Die Sängerin des Super-Trios ist Monika Njava (Monique Rasoanirina aus Morondava, lebt seit 1991 in Belgien) (worldmusiccentral.org/…): ist schon mit 14 Jahren mit ihren Brüdern aufgetreten, hat mit 18 eine Bar eröffnet und eine eigene Band gegründet, war Sängerin (und Schlagzeugerin) der bekannten Familiengruppe Njava (3 Brüder + 2 Schwestern von 14 Geschwistern) (worldmusiccentral.org/…), machte Solo- und vielfältige Gemeinschaftsprojekte mit anderen Musikern. Sie ist die bekannteste Sängerin Madagaskars. Mit ihrer starken Stimme und Präsenz, mit ihren Pop-Jazz-Folk-Songs (über Volksmärchen, das Dorfleben, soziale Probleme, Frauenrechte – hab ich gelesen, natürlich nicht selbst verstanden) aus der madagassischen Musiktradition prägt sie die Musik von Toko Telo. Für meinen Geschmack zu stark, ich war manchmal froh, wenn sie das Gitarrenspiel nicht so dominierte/übertönte. Sicher kann sie herausragend singen, aber ihr Auftritt war mir viel zu routiniert-einstudiert und ihre „Evergreens“ schienen mir irgendwie etwas altbacken, aus der Zeit gefallen.
Noch so’n Super-Trio: Resjemheia aus Norwegen
Resjemheia (oder Reskjem: ein Waldgebiet zwischen Bø und Notodden in Telemark/Südnorwegen) ist (glaub ich) ursprünglich der Titel eines Programms von Mattis Kleppen zum Telemarksfestival: eine Westafrika-Missisippi-Blues-Telemark-Folk-Fusion (spezielles Interesse von Mattis Kleppen). Dazu haben sich drei norwegische Spitzenmusiker zusammengefunden: Mattis Kleppen: Bass, Ottar Kåsa: Hardangerfiddle und Kenneth Kapstad: Schlagzeug. Dag Mattis Kleppen (aus Bø, lebt jetzt in Trondheim) (www.facebook.com/…) ist einer der besten Bassisten (Akustik-Bassgitarre/Kontrabass) Norwegens, hat Folk-Musik-Preise gewonnen, spielt in der Trondheimer Jazz-Musikszene, ist Musikprofessor an der Norduniversitet in Levanger (Fakultät für Lehrerbildung, Kunst und Kultur). Mit Ottar Kåsa und Kenneth Kapstad arbeitet Mattis Kleppen schon länger in verschiedenen Projekten zusammen. Ottar Kåsa (www.felemakar.no) ist ein Geigenbaumeister und Hardangerfiddle-Spieler aus Bø/Telemark, gewann jede Menge regionale und nationale Musikwettbewerbe in Norwegen und spielt auch in vielen anderen Musikprojekten. Kenneth Kapstad (kennethkapstad.no | www.facebook.com/…) aus Løkken Verk (eine ganz kleine ehemalige Bergbausiedlung bei Trondheim, lebt jetzt in Oslo) ist der intensivste Schlagzeuger Norwegens, studierte Jazz-Schlagzeug am NTNU/Jazzkonservatorium Trondheim, spielt in Metal-, Jazz-, Folk-, und Rock-Bands. Er ist einer der vielseitigsten Schlagzeuger, hat in mehr als 20 Bands mitgespielt und aktuell in mindestens 5 Bands gleichzeitig. Die drei machen einen entspannten nordischen Instrumental-Folk-Rock-Jazz, bisschen eintönig vielleicht mit der Zeit.
Ganz anders! Ganz schön Görli? Alice Phoebe Lou
Also, ich hatte von Alice Phoebe Lou (www.alicephoebelou.com | www.facebook.com/…) vorher noch nie gehört. Viele andere Rudolstadt-Festival-Besucher waren offensichtlich viel besser informiert: der APL-Auftritt im Heidecksburg-Hof war ziemlich gut gefüllt, nur direkt vor der Bühne waren noch paar Erdlücken, für die die schon Dasitzenden ein bisschen zusammenrückten (Danke). Ich dachte, da tritt irgendwie so’ne Görli-Nummer auf, die man sich mal ansehen kann. Sorry Alice, weit gefehlt… Die hat schon richtig was drauf: eigene starke Songs, tolle Musik-Erfindungen (man muss sich erst mal was Neues einfallen lassen, was es nicht schon gibt), intensive Stimme und frische Bühnenpräsenz. Dass sie für ihre 26 Jahre ziemlich jugendlich (manchmal eher wie 15) aussieht, dazu noch sehr ansehnlich mit langen blonden Haaren (die sind inzwischen ab), kann für einen gelungenen Auftritt sicher auch nicht schaden.
Aber der Reihe nach: Alice (heißt eigentlich Metthew) ist eine Tochter eines ziemlich progressiven (südafrikanisch-englischen) Dokfilmer-Paars aus Kommetjie (bei Kapstadt) / Südafrika. Alice war dort auf der Waldorf-Schule und interessierte sich für Theater und Tanz (lernte auch Klavier und Gitarre). In den Schulferien bei einer Tante in Paris lernte sie die Straßenkünstler-Szene kennen. Nach dem Schulabschluss wollte sie die Welt kennen lernen und Feuertänzerin werden (weil es sie besonders interessierte). Auf der Reise durch Europa, in Amsterdam, machte sie als Feuertänzerin wahrscheinlich nicht so gute Erfahrungen, denn sie ging dann lieber nach Berlin. Als Straßenmusikerin mit Cover- und später eigenen Songs hatte sie viel mehr Erfolg und bald eine richtige Fangemeinde (z.B. am S-Bahnhof Warschauer Straße). Sie spielte mit ihrem Freund Matteo Pavesi und anderen befreundeten Musikern, z.B. Hush Moss (7 israelische Jungs in Berlin, die – stand irgendwo – vor der israelischen Wehrpflicht abgehauen sind): von denen drei in Rudolstadt ihre Begleitband waren: Ziv Yamin: Synthesizer, E-Piano, Dekel Adin: Bass und Chris Hill: Schlagzeug (statt Julian Berann, wie angekündigt). Aber vorn dran stand, sang, spielte und tanzte natürlich Alice: und zwar sehr selbstbewußt: nicht irgendeine Straßenmusikerin auf Tour, sondern eine professionelle Performerin, die sich ihrer (auch optischen) Qualitäten durchaus bewußt ist und sie zielgerichtet einsetzt. Sie hat einen überzeugenden Auftritt abgeliefert mit spannenden, einprägsamen Songs und frischer, hingebungsvoller Interpretation und auch ein paar Görli-Attitüden: natürlich Goldhaar-Schwenken (geht jetzt leider nicht mehr), coole Triller einbauen und ein bisschen auf dem Boden zappeln…
Das Katzenreich vom anderen Ende der Welt: The Cat Empire
Als Tanzpartymugge und Rausschmeißer für diese Nacht kam die Band The Cat Empire aus Melbourne/Australien mit Ska-Rock-Jazz-Hip-Hop-Fusion nach Rudolstadt. Die Band wurde 1999 von drei 18jährigen Jungs gegründet, die etwas Eigenes machen wollten: Felix Riebl, Ollie McGill (Keyboard, Melodica, Saxophon, DJ) und Ryan Monro (Bass). Felix Riebel (österreichischer Vater, daher der Name) ist der Frontmann, Songschreiber und Sänger (spielt auch Klavier und Schlagzeug). Sonst gibts noch Harry James Angus (Sänger, Trompete, Gitarre, E-Piano), Will Hull-Brown (Schlagzeug), Jamshid „Jumps“ Khadiwala (Tambour, DJ) + The Empire Horns: Ross Irwin (Trompete), Kieran Conrau (Posaune). Inzwischen soll The Cat Empire die beste Liveband Australiens sein – aber das kann ich nicht beurteilen, denn über ein Anfangszuhören bin ich nicht hinausgekommen: zu viel Stino-Takt, zu viel Bläser, viel zu müde (ich)… aber Manu hat’s bis zum Ende gefallen