Rudolstadt Festival 2023 1 2 3 4
09.07.2023
A Filetta (Korsika)
Am Sonntag haben wir wieder mal in der Stadtkirche unseren „Platz an der Sonne“, also vor den Sitzbänken und damit direkt vor der Bühne im Kirchen-Chor ergattern können. Chor war diesmal wörtlich zu nehmen, denn es trat der korsische Männerchor A Filetta (Der Farn) auf mit traditionellem korsischen mehrstimmigen Satzgesang. Die Gruppe wurde 1978 gegründet, um die korsische Satzgesang-Tradition zu bewahren und wieder zu beleben, die bis dahin fast vergessen war. Neben traditionellen Stücken, kreieren sie eigene Stücke, arbeiten für Filmmusiken, Theater, Ballett und Oper. Die 6 Gruppenmitglieder sind Jean-Claude Acquaviva, François Aragni, Jean-Do Bianco, Petru Antò Casta, Paul Giansily und Maxime Vuillamier (ich weiß nicht, ob sie alle schon seit der Gründung dabei sind, aber wenn, müssen sie vor 46 Jahren wirklich sehr jung gewesen sein). Im September 2023 ist ihr neues Album „i balconi“ (Die Balkone) herausgekommen, das sie bei 30 Auftritten einer Europa-Tour 2023 vorgestellt haben (Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien, Kroatien, Marokko) – neben ihrem eigenen Festival Rencontres de Chants Polyphoniques de Calvi (Polyphonie-Lied-Treffen in Calvi/Korsika). Nach dem Kirchen-Chor gabs noch eine spontane Live-Zugabe beim Getränke-Fassen auf dem Schulplatz.
Kerchanga (Polen/Frankreich)
Das gemischte Doppel Kerchanga (Oliwia Urbańska aus Polen: Ngoni/Gesang und der Franzose Matthieu Gourdon: Gitarre/Percussion/Looping) hatten noch einen gut besuchten Auftritt am Schulplatz. Ihre Musik ist westafrikanisch geprägt, wird mit Gitarre, Drumcomputer und Loops europäisch angereichert.
Mandàra (Augsburg)
Mandàra ist eine Straßenmusik-Band aus Augsburg: Pia Greenaway (Handpan, Flöte), Andreas Koller (Handpan, Percussion), Hauke I. Marquard (Geige), die sich 2015 im Augsburger Dompark zu gemeinsamen Musiksessions getroffen haben. Inzwischen haben sie sich als Band etabliert, die mit Eigenkompositionen und Improvisationen auftritt und 2 Alben veröffentlicht hat. Ihre Musik ist eine fließende Wohlfühlmusik, die zum Abdriften einlädt.
Leyla McCalla (USA)
Leyla McCalla ist eine klassisch ausgebildete US-amerikanische Cellistin, Sängerin und Banjospielerin mit haitianischen Wurzeln. In ihren Eigenkompositionen verbindet sie kreolische Musik Haitis mit nordamerikanischem Folk, Blues, Bluegrass und Jazz. Es geht um gesellschaftspolitisch brisante Themen: Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Ausbeutung. Zu ihrer Band in New Orleans gehören: Shawn Myers (Schlagzeug/Percussion), Pete Olynciw (Bass/Kontrabass) und Nahum Zdybel (Gitarre).
Ustad Noor Bakhsh (Pakistan)
Der 79jährige (2023) Ustad Noor Bakhsh aus Belutschistan/Pakistan spielt seit seiner Kindheit Benju, eine traditionelle Zither mit Klappen (inzwischen benutzt er ein elektrisches Instrument mit einem kleinen Verstärker). Er spielt belutschische, persische und kurdische Melodien, Eigenkompositionen und Improvisationen. 2022 wurde sein Debütalbum „Jingul“ veröffentlicht. Begleitet wurde er von Dashambay auf der Langhalslaute Tamburag, ebenfalls ein traditionelles Musikinstrument aus Belutschistan.
Yamma Ensemble (Israel)
Das Yamma Ensemble aus Tel Aviv/Israel ist die Band der Sängerin Talya G. A Solan, eine multikulturelle Israelin mit jemenitischen und sephardisch-bulgarischen Vorfahren. Diese kulturellen Wurzeln bringt sie mit jüdischer Tradition, dem orientalischen und südosteuropäischen Backround ihrer Musiker zusammen und schöpft daraus eine multikulturelle jüdische Folkfusion. Ihre Mitspieler waren: Aviv Bahar (orientalische Streichinstrumente, Kopuz, Oud, Sitar), Avri Borochov (Bass), Nur Bar Goren (Percussion, Darbuka, Riq, Cajon, Rahmentrommel). 2010 wurde die Band gegründet, inzwischen ist sie die international bekannteste israelische Gruppe für jüdische Musik (in hebräischer Sprache). Ehrlich gesagt, war es mir ein bisschen zu bieder.
Jazzrausch Bigband (München)
Die Jazzrausch Bigband wurde 2014 in München von Roman Sladek (klassische Ausbildung Posaune + Vorliebe für Heavy Metal) und Leonhard Kuhn (Jazz-Gitarrist, Komponist, Elektronic-Musiker) im Club Rausch & Töchter gegründet (musste 2015 schließen). Vom angesagten Electro-Club Harry Klein aus eroberten sie ziemlich schnell die Welt und spielen als erfolgreichste Bigband etwa 80 Konzerte im Jahr. Nach ihrem Abschiedskonzert im Harry-Klein-Club, der im Mai 2023 geschlossen wurde, wurde das Bergson Kunstkraftwerk ihre neue Heimspielstätte. In Rudolstadt waren das 22 Musiker, die einen ansteckenden House-Techno-Brass-Jazz auf die Bühne brachten und das Tanzvolk im Heinepark zum Abschluss des 2023er Rudolstadt-Festivals noch mal ordentlich aktivierten.