Rudolstadt Festival 2024: Terrasse Cumbach: Ausblick zur Heidecksburg (Foto: Andreas Kuhrt)

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05.07.2024 Überraschendes

Wanderung zum Marienturm in den Galeriebergen

Freitags beginnt das Festival-Programm erst nachmittags, so dass man davor noch etwas Anderes unternehmen kann: z.B. eine kleine Wanderung. Diesmal wollten wir von Rudolstadts südsaaligen Ortsteil Cumbach (in dem auch der Heinepark liegt, der 1886 als Stadtpark angelegt wurde) zum Marienturm in der Galeriebergen wandern. Die Galerieberge sind ein bewaldeter Höhenzug (höchster Punkt: Langer Berg 354 m) südlich der Saale gegenüber dem Schloss Heidecksburg, das nördlich der Saale auf dem Höhenzug Hain liegt. Der Wanderweg Schustersteig von Rudolstadt nach Pößneck führt vom Heinepark durch Cumbach bergauf zu den Galeriebergen, hat zwischen Wiesen und Gartenanlagen schöne Ausblicke auf das Saaletal und Rudolstadt und steigt schließlich im Wald etwas steiler zum Marienturm an. Mitte 1886 ließ der Naturfreund, Brauerei- und Schankwirtschaftsbesitzer (Exportbier-Brauerei Rudolstadt-Cumbach) Carl Becker am schönsten Aussichtspunkt der Galerieberge auf Rudolstadt einen öffentlichen Aussichtsturm bauen, den er zu Ehren seiner Frau Emilie Amalie Maria Marienturm nannte. An heißen Tagen im Saaletal sind die bewaldeten Höhenzüge um Rudolstadt beliebte Ausflugsgebiete, zumal am Marienturm in den 1930er Jahren auch eine Ausflugsgaststätte gebaut wurde. Das heutige Panoramahotel & Restaurant am Marienturm (1993 erbaut) hat eine schöne Aussichtsterrasse als Biergarten, das Angebot ist erlesen und entsprechend etwas teurer.

Ryan Young (Schottland/GB)

15 Uhr in der Stadtkirche St. Andreas (wir hatten es trotz großen Andrangs wieder mal rein geschafft): Ryan Young (Geige) (www.ryanyoung.scot | www.facebook.com/RyanYoungFiddle) + Owen Sinclair (Gitarre) (www.facebook.com/owensinclairmusic). Ryan Youg ist ein spielverrückter Typ (sag ich jetzt mal so), aber auch irgendwie schüchtern und ganz normal. Ein junger schottischer Geiger (na ja, inzwischen 33 Jahre alt), der schottisch-irische Traditionals und Eigenkompositionen bis zum Exzess geigen kann. 1991 in Cardross beim Loch Lomond geboren, beschloss mit 9 Geiger zu werden, gewann mit 15/16 Jahren Preise in britischen Wettbewerben, studierte am Royal Conservatoire of Scotland in Glasgow schottische traditionelle Musik und klassische Violine, Abschluss als erstklassiger Master. Er gilt als das größte Fiddle-Talent (bzw. inzwischen -Meister) Schottlands. Mit Unterstützung des Dewar Arts Awards zur Förderung der besten jungen schottischen Talente 2007 konnte Ryan Young eine professionelle Geige erwerben die seinen Ansprüchen entsprach (wenn es die gleiche beim Rudolstadt Festival war, dann ist es eine historische Dreiviertelgeige aus Deutschland, mit der er seinen eigenen Stil entwickeln konnte). 2016 Debutalbum „Ryan Young“, 2023 zweites Album „Just A Second“, 2024 Europa- und Welttournee GB, Frankreich, Deutschland, Schweiz, Österreich, Kanada, Australien. In den folgenden Monaten August bis Dezember gibts noch etwa 48 Auftritte. Er interpretiert schottisch-irische Traditionals und Eigenkompositionen im ganz eigenen Stil: virtuos, originell, leidenschaftlich, präzise und teilweise atemberaubend schnell, dass selbst der Gitarrenspieler manchmal Mühe hat, zu folgen. Seine Musik wirkt durch Melodie-Wiederholungen und Abwandlungen irgendwie hypnotisierend, manchmal bis zur Ekstase beschleunigend. Mir war aufgefallen, dass er zwischen präzise gesetzten Tonfolgen gern mal ein längeres Ziehen als Kontrast wie ein „Ausrufezeichen“ setzt. Sein Duo-Partner, der Multiinstrumentalist/Sänger Owen Sinclair ist auch Gitarrist bei der schottischen Folkband Tannara (www.facebook.com/tannaramusic) und Gitarrenlehrer an der Scottish Music Academy.

Mitsune (Japan/Berlin)

Danach gabs auf dem Schulplatz was Seltsames für Ohren und Augen: Mitsune (www.mitsune.de | www.facebook.com/mitsune.music | www.instagram.com/mitsunemusic), eine etwas schräge „japanische“ Band aus Berlin. Das ursprüngliche Trio Mitsune (japanisch, bedeutet „süßer Klang“) wurde 2018 von drei Frauen gegründet, die die japanische dreisaitige Laute Shamisen spielen: Youka Snell (Shamisen, Gesang) (www.youkasnell.com): japanische Wurzeln, geboren in Neuseeland, lebte in Australien, jetzt in Berlin, studierte Violine, Komposition und Musikproduktion am Queensland Conservatorium in Brisbane/Australien, betreibt ein eigenes Aufnahmestudion in Berlin. Shiomi Kawaguchi (Shamisen, Shinobue/Bambusflöte, Gesang): Japanerin, Ausbildung als Bildhauerin, lebt in Berlin. Tina Kopp (Shamisen, Gitarre) aus Berlin war in Rudolstadt nicht dabei. Die Tsugaru Shamisen ist eine dreiseitige Laute, die mit einem Horn/Kunststoffplektrum in Spachtelform gespielt wird: kam im 16. Jh. von China auf die kleine Halbinsel Tsugaru (an der Nordspitze der Hauptinsel Honshū) nach Japan. Der Tsugaru-Jamisen-Stil soll von blinden Volks- und Wandermusikern entwickelt worden sein, war bis etwa 1920 sehr populär, in den 1960er Jahren Wiederentdeckung und Weiterentwicklung durch jüngere Generation. Während das Trio Mitsune anfangs eher traditionelle Stücke spielte (Debutalbum „Mitsune“, 2018), entwickelten sie später eigene Crossover-Kompositionen mit Einflüssen aus Jazz, Rock, Metal, Psychedelic und Latino-Rhythmen (zweites Album „Hazama“, 2022). Die Band wurde um eine Rhythmusgruppe erweitert: Petros Tzekos (Percussion) aus Korinth/Griechenland, lebt in Berlin: studierte moderne und klassische Perkussion in Athen, Studienreisen nach Japan und Marokko, um zeitgenössische, rituelle Musik und Trommeln zu lernen, Fokus auf Klangkunst, Improvisation, experimentelle, zeitgenössische freie Musik & Jazz. Daigo Nakai (Kontrabass) (daigonakai.wixsite.com): geboren in Japan, 2003 nach Melbourne/Australien, Studium Darstellende Kunst/Musik, 2014 nach Berlin, Kontrabassist mit Fokus auf Jazz/Improvisation, umtriebiger Sessionmusiker bei vielen Bands der Berliner Jazzszene. Mitsune legt Wert auf eine auffällige Erscheinung: neben jeder Menge stilechter Kimonos peppen sie sich mit auffälligen Fantasie-Dekorationen zu einem Gesamtkunstwerk auf: eine japanisch-folkloristische, bunte Party der Fantasie und Fröhlichkeit. 2023/24 tourten sie durch Europa: England, Deutschland, Schweiz, Belgien, Niederlande, Dänemark, Schweden, Tschechien, Ungarn, Portugal, Spanien…

La Gâpette (Bretagne/Frankreich)

www.lagapette.fr

Krishn Kypke (Dresden)

www.christiankypke.de

Emilia Lajunen (Finnland)

Yagody (Ukraine)

Sorben 3000 (Cottbus)

Ki’Luanda (Nürnberg)