Rudolstadt-Festival 2023: Pamela Badjogo (Gabun) (Foto: Andreas Kuhrt)

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07.07.2023 Aber dann…

Erst mal eine Wanderung zum Kulm

Blick vom Mühlberg bei Cumbach zur Heidecksburg in Rudolstadt (Foto AK)

Weil „unser“ Programm am zweiten Rudolstadt-Festival-Tag erst gegen 14 Uhr im Heinepark anfing, haben wir mal wieder eine Wanderung zum Kulm gemacht, ein 482 m hoher Berg mit Aussichtsturm und Gaststätte im Wald zwischen Rudolstadt und Saalfeld. Die etwa 5 km lange Wanderung führte von Cumbach über den Mühlenberg nach Oberpreilipp, durch den Wald zum Kulm-Parkplatz und weiter zum Kulmberghaus (Hotel und Gaststätte | www.kulmberghaus.de). Der Kulmbergturm (denkmalgeschützter Stahlfachwerkturm von 1884, einer der ältesten Deutschlands) war mal wieder nicht zugänglich, dafür hatte der Imbiss am Kulmberghaus geöffnet – das ist ja auch viel wichtiger. Von der Terrasse hat man auch einen schönen Blick ins Saaletal und dazu noch ein Essen und ein Bier.

Luca Bassanese & La Piccola Orchestra Popolare (Italien)

Rudolstadt-Festival 2023: Luca Bassanese (Italien) (Foto: Andreas Kuhrt)
Luca Bassanese (Foto AK)

Mit der italienischen Band Giuliano Gabriele & Officine Meridionali Orchestra hatten wir ja schon 2022 unerwartet gute Erfahrungen gemacht. Trotzdem waren wir nicht überzeugt, uns Luca Bassaneses kleines Volksorchester ansehen/-hören zu müssen (auch Luca Bassanese & P.O.P. genannt). Als wir sie dann aber in nachmittäglicher Gluthitze an der Heinepark-Hauptbühne erlebten, war schnell klar, bei einem Feuerwerk an Spielfreude und Präsenz dabei zu sein. Der Theaterschauspieler, Musiker, Sänger, Liedermacher und Umweltaktivist Luca Bassanese (Gesang, Akkordeon, Gitarre, Tammorra) (W www.lucabassanese-officialsite.it | F www.facebook.com/lucabassanese.officialsite) schien unendlich energiegeladen zu sein und hat jede Menge Songs und Zugaben zelebriert. Manchmal hat mir seine Gesangspartnerin Elodie Lebigre (Gesang, Tanz) (W www.elodielebigre.com | F www.facebook.com/elodielebigre.art) wegen seines unermüdlichen Antriebs schon fast ein bisschen leid getan (aber die wird das schon kennen). Beim kleinen Volksorchester waren noch dabei: Stefano Florio (Gitarre, Bouzouki, Gesang), Domenico de Nichilo (Trompete), Lorenzo Stella (Bass, Gesang), Tommaso Maddalena (Schlagzeug). Luca Bassanese stammt aus Vicenza (Veneto, Norditalien) und verarbeitet in seiner Musik italienische Folklore, Tarantellas, Balkan Brass, italienische Oper. Er macht bissige, kritische, traurige, hoffnungsvolle und Liebeslieder über Mensch und die Welt. Nicht fehlen durfte natürlich der Partisanenhit „Bella Ciao“.

Pamela Badjogo (Gabun/Frankreich)

Rudolstadt-Festival 2023: Pamela Badjogo (Gabun) (Foto: Andreas Kuhrt)
Pamela Badjogo (Foto AK)

Pamela Badjogo (www.pamelabadjogo.net) aus Libreville/Gabun hat eigentlich Mikrobiologie in Bamako/Mali studiert. Seit 2007 hat sie aber den Weg als Musikerin und Sängerin eingeschlagen. Sie nahm erfolgreich an einem Talentewettbewerb einer afrikaweiten Musikshow teil, sang im Chor und im Background für bekannte Musiker wie Oumou Sangaré und Salif Keita, gründete die Band BamaKool Jazz und sang bei der Frauenband Les Amazones d’Afrique. Sie engagiert sich sehr für Frauenrechte, Gleichberechtigung und gegen Gewalt gegen Frauen. 2016 veröffentlichte sie in Mali ihr Album „Mes Coleurs“. Seit 2017 lebt sie in Lyon (Frankreich). 2021 brachte sie das Album „Kaba“ heraus (nicht der Plantagentrank, sondern bedeutet „brüderliches Teilen“ in ihrer Vatersprache Ndzebi), das sie auf einer Tour 2022/23 hauptsächlich in Frankreich vorstellte und bei einem Konzert in Deutschland: beim Rudolstadt Festival. Ihre Band hat sie (glaub ich) in der Musikerszene von Lyon zusammengestellt: Greg (Grégory) Emonet (Gitarre) (F www.facebook.com/gregemonet.music), Shan Lotchi Ludmann (Schlagzeug) (F www.facebook.com/mistashan) und Elisée Sangaré (Bass) (F www.facebook.com/…) aus Mali (lebt auch in Lyon). Ihre Musik ist eine muntere Mischung aus Jazz, Afrobeat, Afropop, Mandingo-Rhythmen und Bantu-Highlife mit Botschaften eines „fröhlichen Feminismus“ (wie sie selbst sagt). Auch wenn ihre Musik nicht unbedingt mein Ding war (zu poppig), war ihr Auftritt dennoch ziemlich mitreißend, dank ihrer fröhlichen expressiven Ausstrahlung und auch ihres tollen Aussehens mit blauem Glitzerkleid und bemerkenswertem Halsschmuck.

Kaŝita Kanto (Rosenheim)

Rudolstadt-Festival 2023: Kaŝita Kanto (Rosenheim) (Foto: Andreas Kuhrt)
Kaŝita Kanto: Sabrina Stapf & Tom Mikudim (Foto AK)

Das ganze Gegenteil war Kaŝita Kanto (W www.kasitakanto.com). Ich meine jetzt nicht das Aussehen (da gabs nichts zu meckern), sondern ihren Auftritt auf der kleinen Saalestrand-Bühne: sehr zurückhaltend, sanft, natürlich und unspektakulär (im besten Sinn). „Kaŝita Kanto“ ist Esperanto und heißt „verstecktes Lied“ – etwas nicht Offensichtliches, Plakatives, einfach zu Erklärendes. Das Musikerpaar aus Rosenheim Sabrina Stapf (Liedermacherin, Gesang, Shrutibox) (F www.facebook.com/sabrina.stapf.5) und Tom Mikudim (Gitarre, Mundharmonika, Gesang) hat einige Jahre in Pushkar/Indien gelebt (während der Corona-Pandemie). Aus Indien stammt auch die Shrutibox zur Gesangsbegleitung, eine Art indische „Quetschkommode“, durch die mit einer Blasebalgklappe Luft gepumpt wird, die an 8 Pfeifen einen meditativen Dauerton erzeugt (den man durch Klappen modulieren kann) – wird bei Kaŝita Kanto aber nur sparsam eingesetzt. Die sparsame, ruhige Musikbegleitung geht gut zusammen mit Sabrina Stapfs ehrlichen, ernsthaften, intelligenten, tiefgründigen Lebens- und Liebesliedern, die sie mit schöner dunkler Stimme singt, immer emotional, nie kitschig. Hat mir gut gefallen, ich musste mich aber losreißen…

The Slow Show (Manchester/England)

The Slow Show: Rob Goodwin (Foto AK)

The Slow Show (W www.theslowshow.co.uk) stand unbedingt in meinem Programmzettel bzw. -App (die war übrigens sehr nützlich, hat die Programm/Band-Infos übersichtlich angeboten mit der Möglichkeit, eigene Highlights zu markieren). Der Sänger Rob Goodwin stammt aus Manchester/England, lebt aber in Düsseldorf – in England wenig beachtet, in Deutschland und den Niederlanden erfolgreicher. Die Band The Slow Show hat er 2010 mit dem belgischen Musikproduzenten Frederik ‚t Kindt (Klavier/Keyboard) gegründet, der auch mal „sein eigenes Ding“ machen wollte und nicht immer nur andere in seinem Aufnahmestudio betreuen. Rob Goodwin wollte eigentlich nur seine persönlichen Songs schreiben und Musik machen. Weil sie aber keinen Sänger gefunden haben, musste er eben selbst singen. Aus der Manchester-Musikszene haben sie noch den nordirischen Gitarristen Joel Byrne-McCullough und den Schlagzeuger Chris Hough dazugeholt. Ihre Musik ist interessant, aber gewöhnungsbedürftig: eine Art Indie-Klassik-Folk-Pop-Rock-Songs: Rob Goodwins dunkler sonorer Sprechgesang, emotionale melodramatische Gestik, minimalistische, lyrische, filigrane oder episch-bombastische Musik mit Hang zur Besinnung, Betroffenheit und Melancholie.

Lena Jonsson Trio (Schweden)

Rudolstadt-Festival 2023: Lena Jonsson (Schweden) (Foto: Andreas Kuhrt)
Lena Jonsson (Schweden) (Foto AK)

Die schwedische Geigerin Lena Jonsson (W www.lenajonsson.com | F www.facebook.com/lena.jonsson.5680) ist da ganz anders: offen, herzlich, fröhlich, temperamentvoll, sprühend (und schön funkelnd in ihrer grünen Fischhaut). Das Lena Jonsson Trio mit Erik Ronström (Gitarre) und (Kristofer) Krydda Sundström (Bass) hatte einen mitreißenden Auftritt Sonnabend Nacht auf der Bauernhäuser-Bühne. Schwedisches Polka-Gefiedel ist ja nicht unbedingt mein Ding, aber Lena Jonsson hat es so leicht, locker, lebendig und atemberaubend virtuos gespielt, dass man sich dem Erlebnis nicht entziehen konnte. Mit ihren Mitspielern reichert sie die schwedischen Polkas mit Jazz- und Folkrockklängen an.