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Wasserwandern: Tümpeltour
Wir wollten mal an der Nordküste von El Hierro entlang die verschiedenen Meeresschwimmbäder besuchen und uns einfach mal treiben lassen, vielleicht sogar im Wasser (Badezeug hatten wir jedenfalls dabei). An 2 Tagen waren wir in La Maceta, Pozo de las Calcosas, Charco Azul und Charco Manso, was ich mal zu einer „Tümpeltour“ zusammengefasst hab (die Meeresbäder heißen Charco: Pfütze, Tümpel). In Ermangelung von Stränden gibts auf El Hierro einige raffiniert angelegte Meerbadebecken. Wo sich an der Lavaküste flache Buchten gebildet haben, die idealerweise schon durch natürliche Riffe vor dem Seegang geschützt sind, wurden Küstenbefestigungen als Badeplattformen und zusätzliche Wellenschutzmauern gebaut. Noch ’ne Bar, Kiosk, Grill oder wenigstens Liegeplattform dazu, fertig ist das Meerbad.
Charco Azul
Ziemlich in der Mitte der Golfo-Bucht an der Bahía de los Pozos (Brunnen-Bucht) liegt 1,5 km vom Dorf Los Llanillos das Bad Charco Azul (Blaue Pfütze). An der rauen Steilküste hat eine Lavazunge ein Gewirr von kleinen Klippen, Felsvorsprüngen, Bögen und Buchten hinterlassen, die den Uferbereich vor allzu starker Brandung schützen. Ein natürlicher Pool kann unter einem Felsbogen erreicht werden, ein anderer wurde durch kleine Wellenschutzmauern abgetrennt. In die urtümliche Lavalandschaft wurden noch ein paar Holzpodeste als Liegeflächen eingebaut (Frittenbude gibt’s nicht und Klo hab ich nicht gesehn… das Meer spült ja sowieso ständig durch). Von einem kleinen Parkplatz auf der Klippe führt ein vielleicht 200 m langer Fußweg an den Geröllstrand. Man hat Aussicht entlang der ganzen Golfo-Küste von der Punta de la Dehesa im Westen bis zur Punta de Arelmo mit den Roques de Salmor im Osten (jeweils etwa 8 km entfernt). An den Klippen, Höhlen und Schluchten gibt’s interessante Lavaformationen (z.B. schöne Stricklava). Nur das Badewetter war mit etwa 3 m hohen Wellen gerade ungünstig.
Knapp 4 km weiter östlich liegt das nächste Meeresbad Charco de los Sargos (Brassen-Tümpel) zwischen zwei Lavarippen mit schönen Grotten und Basaltsäulen. Dort gibts auch eine Strandbar, den coolen Kiosco los Sargos, eine rustikal zusammengezimmerte Bretterbude wie aus dem Piratenbilderbuch, mit einem deftigen Angebot: gebratenes Kaninchen, Schweinerippchen, gegrilltes Schweinefleisch mit Fritten und Mojo, frische Inselananas und allerhand Getränke – lecker – leider waren wir dort nicht (aber im Winter ist der Kiosk von Lourdes und Juan sowieso geschlossen).
La Maceta
Stattdessen waren wir 500 m weiter beim Charco la Maceta: Piscina natural de la Maceta (Naturschwimmbad Blumentopf?) an der nordöstlichen Golfo-Küste. La Maceta liegt inmitten der Golfo-Küstenzone mit Plantagen und Feldern. Der nächste Ort ist Las Puntas, 2 km östlich (man kann auf einem sprichwörtlichen Holzweg über Lavafelder dort hin laufen). Außer dem Bad, der Musikkneipe Sunset la Maceta, einem Kiosk und Parkplatz gibts hier nicht viel. Als wir von der Parkplatz-Terrasse an der Steilküste zum Bad runterblickten, war schnell klar, dass es mit dem Baden wohl nichts werden wird: 3 bis 4 m hohe Atlantikwellen brandeten an die Küste und überrollten die Schutzmäuerchen wie nix. Sieht aber interessant aus, wie das Bad in die Küste gebaut wurde. Wie meist auf El Hierro fällt der Lavasockel der Küste hier etwa 20 m steil zum Meer ab. Von der oberen Terrasse führt beim Restaurant ein Weg zum Meer hinunter, vorbei an interessanten Lavaformationen. Zwei Lavagrotten wurden überdacht und als schattige Picknickplätze/Bars mit Sitzbänken, Tischen, Grills und Aussicht aufs Meer eingerichtet (leider im Winter nicht bewirtschaftet). Etwas tiefer gibts betonierte Liege(-wiese ist schwierig auf El Hierro)- und Badeterrassen. Von den Badeterrassen führen Leitern in die 3 Schwimmbecken (bis 2 m tief), die durch Brandungsmauern geschützt sind. Bei normalem Wellengang schwappt immer mal Frischwasser in die Becken, aber bei starker Brandung werden die flachen Mauern einfach überrollt. Wir waren bei Herbststürmchen da. Der von Nordosten anstürmende Atlantik überrollte die Schutzmauern einfach. Über die Schwimmbecken gingen meterhohe Brecher und die Uferterrasse wurde von der Gischt regelmäßig bewässert (was ich bei einer Nahaufnahme hautnah erlebte, nur gut, dass ich trockene Wechselsachen dabei hatte). Mit Wellenfotos kann man ganz schön Zeit verbringen, weil man selten den perfekten Moment in richtiger Belichtung trifft, weil sie immer wieder anders und noch schöner sind, dann wechselt auch noch das Licht und zu guter Letzt taucht auch noch ein Verrückter auf, der in die Wellen abtauchte. Der war aber gar nicht so verrückt, sondern ein guter Schwimmer, der die überrollenden Wogen einfach abgetaucht hat und immer wieder auftauchte. Nach einer Fotostunde in La Maceta entschieden wir uns, nach Pozo de las Calcosas rund 14 km entfernt an der Nordküste zu fahren.
Pozo de las Calcosas
ist eines der spannendsten Meerbäder El Hierros. Las Calcosas (Bezeichnung für Kanarenampfer/Mondampfer, der gern in Felsgebieten wächst) ist ein abgelegener Ort mit ein paar Häusern zwischen Feldern an der steilen, knapp 100 m hohen Nordküste El Hierros. Unterhalb der Steilwände ist in der Bucht Bahía de las Calcosas durch eine Lavazunge eine kleine Küstenplattform direkt am Meer entstanden, auf der der einmalige Ort Pozo de las Calcosas (Mondampfer-Brunnen) angelegt wurde. Das untere Dorf aus etwa 40 Häusern ist nur über einen einzigen, etwa 300 m langen Treppenweg, der vom Oberdorf ca. 80 m hinab führt, zu Fuß zu erreichen.
Ursprünglich wurden die einfachen Häuser seit etwa 1800 von Fischern aus El Mocanal angelegt, dem nächsten, rund 2,5 km entfernten Hochland-Ort auf knapp 500 m Meereshöhe. So konnten sie während der Sommer-Fischfangsaison direkt an der Küste bleiben. Ein historischer Camino verbindet El Mocanal und Pozo de las Calcosas (Teilstück des Wanderwegs PR-EH 7 von Pozo de las Calcosas nach San Andrés). Die erhaltenen Häuser sind wie ein lebendiges Freiluftmuseum der einfachen, traditionellen herreñischen Bauweise: die ursprünglichen Casas pajeras (Strohhäuser) bestehen aus rohen Trockenmauern aus Vulkangestein, innen mit einer Dämmschicht aus Kuhmist und Stroh verschmiert, Holztür und kleinen Fenstern mit einem Dach aus Holzstäben, das mit Gras-/Strohmatten oder Palmwedeln gedeckt ist.
Inzwischen versucht man, die nicht sehr haltbaren Häuser aufwändig zu bewahren, manchmal wird mit Beton und Blech etwas nachgeholfen (und einige reine Betonbauten, die sich mit Vulkansteinplatten tarnen, gibts auch). Im Laufe der Zeit hat sich Pozo de las Calcosas zum Sommerferien- und Badeort von Mocanal entwickelt, weil die etwas geschützt zwischen zwei Lavazungen gelegene Bucht und ein flacherer mit Brandungsschutzmauern eingefasster Pool als Meerbad geeignet sind. Im Herbst und Winter ist der einsame Ort (außer den paar Touristen) meist völlig verlassen. Nur Neptun, eine riesige Skulptur aus Sperrmüll, Blech, Stoff, Zement und Farbe von Rubén Armiche (ein Pop-Art-Künstler von Gran Canaria) wacht seit 2007 über die Bucht. An einem stürmischen Tag wie bei unserem Besuch glich die sonst ruhige Badebucht aber eher einem überschäumenden Whirlpool, über den meterhohe Wellenbrecher rollten.
Nach einer weiteren Wellenfotostunde hat uns der Hunger zum einzigen Restaurant des Ortes, zur „Casa Carlos“ direkt auf der Klippe über Pozo de las Calcosas getrieben. An der winzigen Kirche Ermita San Lorenzo vorbei kommt man in einer Gasse bei einigen Plastik-Gartenmöbeln zum nicht sehr einladenden „Hintereingang“. Innen wars ganz hübsch mit Wandverkleidung aus Vulkangestein, einer großen Fensterfront zur Calcosas-Bucht, maritimer Deko und ein paar Holztischen. Das Angebot auf der Wandtafel ist im Herbst/Winter nicht so üppig: Napfschnecken, Miesmuscheln, Fischsuppe, Käse, Kichererbsen, Salat und Papageifisch. Der Fisch war sehr übersichtlich auf einem Teller abgelegt, dazu gabs Mojo rojo und Brot und Wein. Herreñische Gastlichkeit leicht gemacht, aber die Wirtin Julia war ganz nett.
Charco Manso
Ganz oben beim Nordkap von El Hierro Punta Norte liegt das Meerbad Charco Manso: die Sanfte Pfütze (die Namensgeber müssen an einem anderen Tag da gewesen sein als wir). Der Norden der Insel wird von großen Lavaflächen gebildet, die allmählich zum Meer hin abfallen. In der steppenartigen Küstenlandschaft wächst nur Buschwerk der Trockenzone. Sie ist weitgehend unbewohnt bis auf das Dorf Echedo (die meisten Siedlungen liegen im fruchtbaren Inland ab einer Höhe von etwa 500 m über dem Meer). Obwohl die Entfernung zur Küste nur rund 1,5 km Luftlinie ist, führt die Stichstraße Hl-151 Calle Tajaniscaba in vielen Serpentinen über 4 km zum beliebten Meerbad Charco Manso. Anders als an anderen Steilküstenabschnitten endet die Straße direkt am Meer. Früher gab es hier Salinen. An der Küste haben mächtige Lavaströme aus dem Landesinnern eine bizarr zerrissene Küstenlinie mit unzähligen Felsrippen, Kliffs, einzelnen Felsen, Buchten, Gängen und Höhlen geschaffen, die dem stürmischen Meer trotzen. Eine besonders große, etwa 120 m lange Bucht zwischen 2 Felsrippen, die zum Meer hin durch Felsen geschützt ist, wurde als Meerbadebecken ausgebaut. Ringsum wurde das Ufer als Promenade in Terrassen befestigt, es wurde ein Parkplatz, ein Kiosk und eine „Liegewiese“ aus 4 Holzplattformen errichtet. Als wir bei Charco Manso waren, war aber an Baden nicht zu denken (höchstens duschen in der Gischt). Der Herbststurm trieb gerade riesige Wellen an die Küste, die in mächtig gewaltigen Brechern über die Lavafelsen herfielen. Eine Spezialität der Küste bei bei Charco Manso sind die Schlundlöcher über eingestürzten Lavagängen. Mit dem richtigen Wasserdruck entstehen dort mehr oder weniger hohe Wasserfontänen wie fauchende Geysire.
Las Puntas: Hotelito Puntagrande
Das Erste und das Letzte, was man vom Golfo-Tal sieht, wenn man die Straßenroute durch den Túnel de los Roquillos nimmt, ist Las Puntas. Zu Anfang unseres Urlaubs auf El Hierro waren wir im Supermercado Las Puntas zur „Erstausstattung“. Und zum Schluss haben wir noch ein paar Fotos vom Hotel Puntagrande an den Klippen gemacht. Las Puntas ist der einzige „größere“ Ort direkt an der Küste von El Golfo ganz im Nordosten gleich hinter dem Tunnelausgang (abgesehen von Pozo de la Salud, das zu Sabinosa gehört und nur aus dem Kurhotel und ein paar Häusern besteht). Die Lavasteilküste bei Las Puntas unterhalb der rund 1000 m hohen Felswand Risco de Tavetai ist von rauen Lavaformationen geprägt: Buchten, Tunnel, Höhlen, Felsbrücken und ins Meer ragende Klippen (Puntas). Ziemlich bekannt ist das laut Guiness-Buch „kleinste Hotel der Welt“ el Hotelito, das Hotel Puntagrande: 4 Zimmer in einem kleinen Lavasteinhaus, spektakulär auf dem etwa 150 m langen Kap Punta Grande im Meer gelegen. Das Gebäude wurde ursprünglich 1830 als Packhaus des kleinen Bootsanlegers (Hafen wäre übertrieben) auf der ins Meer ragenden Lavaklippe (Ladekai und -kran sind noch da) gebaut als die Landverbindungen mühselig waren und alle Waren des Golfo-Tales (auch das Heilwasser vom Pozo de la Salud) mit Schiffen transportiert wurden. Nach dem Straßenbau auf El Hierro wurde der Schiffsanleger bedeutungslos, seit 1969 war es ein Restaurant, verfiel aber immer mehr. Ab 1975 wurde das Haus als Museums-Hotel restauriert und mit maritimen Sammlerstücken ausgestattet, seit 1979 führte es die Italienerin Gemma Chinosi, 1984 wurde es im Guiness-Buch der Rekorde als kleinstes Hotel der Welt geführt. Seit 2018 wird das Hotel von dem italienischen Einwandererpaar David und Paula Nahmias betrieben. Von der Inselregierung El Hierros wurde das Hotel Puntagrande 2019 als „Bien de Interés Cultural“ (BIC) eingestuft, ein kulturelles Baudenkmal. Ab 200 € (pro Nacht, nicht Woche) ist der Spaß, im kleinsten Hotel zu wohnen, nicht ganz billig, aber es gibt ja auch noch einige andere Unterkünfte in Las Puntas, außerdem das architektonisch interessante Freibad Cascadas del Mar, ein paar Restaurants, die Quesadillas-Bäckerei Abuela und den Supermercado Las Puntas. Das war unsere erste Anlaufstelle als wir ins Golfo-Tal gekommen sind: da gabs sogar noch den originalen Inselwein (der sonst überall ausverkauft war), die zum Probieren angebotenen Quesadillas de la Abuela fand ich zur Belustigung der Verkäuferin ziemlich gewöhnungsbedürftig (käsig eben) und die junge Verkäuferin klärte uns auf, dass die El-Hierro-Touristen von den Einheimischen Flamingos genannt werden. Seitdem fragen wir uns, was Touristen mit so rosa Vögeln gemein haben.